BEONIMUS RABENBEIN erzählt KLATSCH & TRATSCH Baroness Annika im Mohnfeld

Am Fuße eines kleinen Gebirgszuges liegt eingebettet in ein Laubwäldchen das kleine herrschaftliche Anwesen des Barons Aleksi Papaver of Kenttä. Rund um das Wäldchen wachsen die herrlichsten Mohnblumen auf riesigen Feldern die zu seinem Landsitz gehören und von seinen Untertanen bestellt werden. Sein Volk nennt es liebevoll Aleksis Valtakunta, was so viel bedeutet wie Aleksis Reich. Im Sommer blühen sie in den herrlichsten Farbabstufungen von zartem Rosa bis hin zu einem grellen Rot. Immer zu dieser Zeit pilgern Gefiederte aus allen Herren Ländern dorthin, um zu picknicken, zu schnabulieren oder einfach nur um das prachtvolle Farbenspiel zu bewundern. Aleksi ist weit über die Grenzen seines Reiches hinaus bekannt und genießt einen guten Ruf. Sein Mohn ist von bester Qualität und Güte und bei Bäckern und Köchen überaus beliebt. So haben sich seine Untertanen auf die Zu- und Aufbereitung verschiedenster Mohnprodukte spezialisiert und das bringt nicht nur dem Baron, sondern auch seinen Untertanen reichlich Möglichkeiten für einen regen Tauschhandel. Die zahlreichen Feldküchen, Restaurants mit Haute Cousine, Eissalons und Mohndestillerien sind überaus beliebt bei den Pilgern aus dem Ausland. Spezialitäten wie Karpfenfilet im Mohnmantel oder Kräuter- Mohnomelette, Mohnnudeln, Mohn-Maisknödel und Mohn-Walnusstorte, Mohneis auf Mohnzelten und Weißmohnauflauf mit Kirschsoße stehen unter anderem zur Wahl. Die Kinder von Alexi und seiner Angetrauten Janne, Annika die Erstgeborene und ihr Bruder Keke führen ein durchaus luxuriöses Leben, was oft auch bedeutet, dass es ihnen urlangweilig ist. Eines Tages, der Mohn ist bereits abgeblüht und die Mohnkapseln stehen wie Zinnsoldaten in den Feldern, machen sich die beiden frühmorgens auf, um diese Gehäuse einmal von der Nähe zu betrachten. Sie fliegen durch das Laubwäldchen und landen neben dem ersten, ganz linken Mohnfeld. Mächtig erheben sich die Stängel und die Kapseln ragen weit über ihre Köpfe bis fast in den Himmel. So empfinden es die beiden kleinen Vogelkinder und stehen ehrfürchtig davor. Sanft bläst der Wind über das Mohnfeld und ein leises Rascheln erfüllt die Luft. Neugierig fliegt Annika nach oben, um die Ursache des Geräusches zu erkunden und stellt mit Erstaunen fest, dass es aus dem Inneren der Kapsel zu kommen scheint. Freudig ruft sie nach ihrem Bruder, der noch immer ehrfürchtig und bange am Boden sitzt, denn das Rascheln hat ihm etwas Angst eingeflößt. Annika die trotz gutem Zureden ihren Bruder nicht dazu bewegen kann zu ihr hoch zu fliegen beginnt nun rasch, mit ihrem spitzen Schnabel rund um die Kapsel pickend, diese vom Stängel zu lösen, denn sie hat eine Idee. Keke, der aus seiner Position nicht sehen kann was seine Schwester so treibt, ist ziemlich beunruhigt aber auch etwas aufgeregt, denn er war noch nie ohne seine Eltern außerhalb des herrschaftlichen Anwesens. Plötzlich, Keke hüpft mit einem gekonnten Sprung auf die Seite, landet eine Mohnkapsel rasselnd neben ihm. Nur knapp hatte sie ihn verfehlt. Gleich darauf landet seine Schwester gekonnt mit gespreizten Flügeln, um das Gleichgewicht halten zu können, auf der Kapsel. Langsam balanciert sie, die Kapsel leicht drehend, um ihn herum. „Ach wie herrlich, dieses Gefühl ist unbeschreiblich“, trällert sie und umrundet schon das zweite Mal ihren staunenden Bruder. Mit einem gekonnten Sprung von der Kapsel landet sie neben ihm. „Lass uns damit spielen“, ermutigt sie ihren Bruder der aus dem Staunen nicht mehr herauszukommen scheint. Keke macht was seine Schwester vorschlägt und so rollen die beiden die Mohnkapsel, deren Rascheln wie Musik klingt meint Annika, in Richtung Bächlein das munter neben dem Mohnfeld vor sich hinplätschert. „Dort wachsen herrliche Weidenbüsche“, meint sie zu ihrem Bruder „und ich habe eine Idee die auch Dir gefallen wird.“ Dort angekommen und etwas außer Atem rasten die beiden erstmal eine Weile und Annika erklärt währenddessen Keke ihr Vorhaben. Rasch haben sie einen dünnen Weidenzweig vom Busch geknabbert und Annika pickt ein kleines Loch in die Unterseite der Kapsel. Gemeinsam ziehend und schiebend fädeln sie den Zweig durch die Kapsel bis das eine Ende oben wiedererscheint. Nun pickt Annika ein Loch in den Boden und mit vereinten Kräften rammen sie den Zweig tief in hinein. „So fertig“, tiriliert Annika freudig und beide betrachten ihr Werk. Sanft wiegt sich der Weidenzweig im Wind hin und her und lässt ein regelmäßiges Rascheln erklingen. Munter beginnt Annika ein Liedchen zu trällern und mit den Füßen und Flügeln im Takt auf die Mohnkapsel zu klopfen. Selbst überrascht vom Ergebnis und dem wundervollen klanglichen Erlebnis beginnen nun beiden zweistimmig zu pfeifen und abwechselnd die Mohnkapsel zu betätigen. So spielen sie gedankenverloren bis die Sonne schon fast ganz über ihnen steht und die Mittagszeit ankündigt. Rasch nimmt ein jeder ein Ende des Zweiges in den Schnabel und so fliegen sie zurück zum heimatlichen Anwesen wo Aleksi bereits etwas beunruhigt Ausschau nach ihnen hält. Völlig außer Atem erzählen die beiden ihrem Vater von ihrem genialen Konzert, aber nicht ohne ihm davon eine Kostprobe vorzuträllern. Erstaunt und Stolz, denn auch einige Untertanen kommen aus dem Haus gelaufen, um sich das Konzert anzuhören, betrachtet Aleksi liebevoll und nachdenklich seine Kinder. Am Ende der konzertanten Vorführung spenden alle reichlichen Applaus. Aleksi, dessen Grübeln von Erfolg gekrönt ist, denn er ist wie man weiß ein guter Geschäftsmann, erklärt sofort das halbe linke Mohnfeld als Musikinstrumentenproduktions-Sperrgebiet. Keine Kapsel darf geöffnet und muss sorgsam vom Stängel gepflückt werden. So kommt es, dass Aleksis Valtakunta als Percussionshochburg viele Musiker und welche die es noch werden wollen in sein Reich lockt und er nicht nur durch seine kulinarischen Köstlichkeiten sondern auch durch seine Musikfeste noch bekannter wird als er es schon war.

Unveröffentlichte Episoden aus dem Reiche Himmelblau „Lustgarten“

Johannes von und zu Beere sitzt am Bänkchen unter dem Küchenfenster und betrachtet den herrlich duftenden Kräutergarten. Vor ihm liegt die neue Zeitschrift „Königliche Lustgärten im Wandel der Zeit“, die gestern per Kurier aus Frankreich eingetroffen ist. Es juckt ihn förmlich unter seinen Krallen, denn er möchte unbedingt wieder einmal etwas ganz Neues und Exquisites einpflanzen. Schon lange hat er nichts mehr Außergewöhnliches in seinen Krallen gehabt und er verspürt den absoluten Drang graben zu müssen. Er blättert begehrlich in seiner Zeitschrift. Anton und Börge, die gerade in der Küche die letzten Flaschen Apfelessig abgefüllt haben und vom beißenden Geruch die Nase im wahrsten Sinne des Wortes voll haben, gesellen sich mit einem Gläschen Kir Royal und Apfelkuchen zu ihm auf die Bank, um als Geruchsausgleich den herrlichen Lavendelduft tief einzuatmen und mit einem Gläschen hinunterzuspülen. Fröhlich zwitschernd sitzen die beiden neben Herrn Beere dem die Anwesenheit der Köche sichtlich stört. Nervös wackelt er mit seinen Schwanzfedern hin und her. Börge geht gelassen zurück in die Küche, kommt mit einem weiteren Gläschen Kir Royal wieder in den Garten und reicht es Herrn Beere mit den Worten, „summ Wohle, Johannesss, kichert und setzt sich wieder neben Anton. Johannes von und zu Beere, der einen klaren Kopf bewahren will meint, dass es sich absolut nicht gezieme und am Hofe nicht üblich sei, bereits am Vormittag Kir Royal zu trinken, verlässt die beiden Störenfriede in Richtung Laube, die ihm noch hinterherträllern, dass wohl nur am Hofe sich Kir Royal gezieme und das auch schon am Vormittag. Herr Beere setzt sich in die Gartenlaube und verlustiert sich in seiner Illustrierten. Die Abbildungen des Gartens von König Louis Quatorze, der bereits Mitte des siebzehnten Jahrhunderts, die prächtigsten Gärten sein Eigen nennen durfte, faszinieren ihn ganz besonders. Schon lange ist er Fan und absoluter Bewunderer des Gartengestalters Hugo Paon de Pleasance, der Kontakte zu allen Herren Ländern pflegte, die fantastischsten Pflanzen importierte und den Garten seines Königs so einzigartig machte. Hugo Pfau von Lustgarten auf Deutsch, dessen Name auch Programm ist. Leise hadert Johannes mit seinem eigenen Namen „Johannes von und zu Beere“, was sollte den der versprechen, wohl eher nur Johannisbeersträucher. Auf französisch würde sich sein Name viel kompetenter anhören, Monsieurs Jean de Groseilliers, der klänge schon vielversprechender. Obwohl er bereits bei vielen Banketten beweisen durfte, dass er von Gartengestaltung viel versteht und bei Blumenarrangements Geschmack bewies, ist er dennoch noch nicht zufrieden. Er will für sich und ihre Majestäten etwas ganz Besonderes, etwas noch nie Dagewesenes, etwas worüber Marga Ritte, die Klatschreporterin der Zeitschrift „Neue Vogelpost“ schreiben und ihn und seine Künste loben und König Schnabelfroh ob seiner Genialität gratulieren würde. Da fällt ihm auf Seite zwanzig eine herrlich blaue, über alle Maße großwüchsige Pflanze ins Auge. Ein Glockenblumengewächs, eine Campanula, die so hoch ist, dass sie locker bis in die zweite Etage ihrer königlichen Voliere reichen würde. Aufgeregt fliegt er in das Arbeitszimmer des französischen Außenministers Badiste Oiseau, denn er hat eine Eingebung, eine unbeschreiblich außergewöhnliche Idee. Er bittet Oiseau Kontakt mit Maxime de Dijon aufzunehmen denn er hofft, dass in dessen Reich möglicherweise noch so eine Pflanze aufzutreiben wäre. Bereitwillig unterstützt der Außenminister sein Anliegen und sendet einen Boten nach Dijon in Frankreich. Johannes von und zu Beere ist tagelang nervös. Keiner im Hof versteht seine Aufregung, selbst Heide von Röschen macht sich schon Sorgen ob seines komischen Verhaltens. Auch die täglichen Gläschen Kir Royal, die Börge ihm natürlich erst am späten Nachmittag reicht, erzielen keine bessernde Wirkung. Doch dann, es sind bereits zwei Wochen vergangen, Johannes von und zu Beere steht wieder wartend wie jeden Morgen auf der Terrasse, sieht er schon von weitem den königlichen Boten und zu seiner Freude beladen mit einem großen Rucksack aus dem blaue Blüten ragen, sich der Voliere nähern. Freudig und von wegen Überraschung, eilt er ihm entgegen um ihn abzufangen. Die herrlichste Campanula hat ihm Maxime von Dijon schicken lassen und in einem Brieflein vermerkt, dass sie nicht so leicht zu finden war, denn er habe sie auch nicht mehr in seinen Beständen. Erst lange Recherchen hätten ergeben, dass sie noch am Waldesrand eines ganz abgelegenen Birkenwäldchens wachsen würden und von dort hätte sie holen lassen. Johannes von und zu Beere ist sprachlos und wahnsinnig aufgeregt. Er bringt sie zum vorgesehenen Pflanzplatz und fliegt zu Börge in die Küche. Der staunt nicht schlecht, als Herr Beere ihn um ein kleines Gläschen Kir Royal bittet und das schon am Vormittag. Als er ihn diesbezüglich anspricht, winkt der unmissverständlich mit seinen Flügeln ab, stürzt das Gläschen hinunter und schon ist er wieder weg und lässt Börge mit offenem Schnabel zurück. Rasch fliegt Johannes von und zu Beere zum Pflanzplätzchen, das sich direkt neben der Voliere unterhalb des königlichen Schlafgemaches befindet. Dort pflanzt er die herrliche Pflanze ganz tief und fest in den Boden. Anschließend holt er aus der Abstellkammer sein Seil, das er ansonsten nur für die Tischvermessungen anlässlich diverser Bankette parat hat und bindet es unterhalb der Blütenköpfe fest. Jetzt kommt der Moment auf den er gewartet hat; wieder am Boden angekommen, zieht er sanft am Seil und die Blütenköpfe neigen sich gen Boden. Genauso hatte er sich das vorgestellt. „Das wird ein Schauspiel für alle, für die Majestäten, Heide von Röschen, Marga Ritte und das ganze Reich Himmelblau und darüber hinaus“, denkt er sich schon innerlich jubilierend. Am nächsten Tag, die Sonne ist gerade aufgegangen und Johannes bereits herausgeputzt. Mit poliertem Schnabel, gewienerten Schuhen und frisch gebürsteten Zylinder steht er neben der Campanula, die sich im morgendlichen Wind schwerfällig hin- und her bewegt. Ein greller Pfiff, der eigentlich Gefahr bedeutet, weckt alle und sie versammeln sich noch völlig verschlafen und zerzaust im Freien, wo sie Herr Beere bereits erwartet. Schnabelfroh, der in der Eile seinen Reichsapfel vergessen, Rosaschnabel ohne Makeup, Heide von Röschen in ihren verhassten Turnschuhen, Anton und Börge ohne Kochmütze kaum zu erkennen und die Kinder noch völlig mit zerrupften Federn, außer Florinda die vorsorglich ihr Krönchen aufgesetzt hat, eilen herbei, um den morgendlichen Aufruhr auf den Grunde zu gehen. Johannes von und zu Beere, der vor lauter Aufregung nicht darauf geachtet hat wo sich die Herrschaften platzieren, zieht heftig an der Schnur, die Glockenblume neigt sich ruckartig und ergießt das gesamte, sich im Blütenkelch gesammelte Tauwasser, über die erstaunten Gesichter der angespannt wartenden Gesellschaft. Florinda, die etwas zu spät kam, da sie ja noch das Krönchen aufsetzten wollte, bekommt als Einzige nur ein paar Tropfen Wasser ab, der Rest trieft von oben bis unten. Doch am Meisten bedröppelt ist Johannes, denn anstatt einer auch architektonisch reizvollen Duschvorführung gab es einen ungeplanten Platzregen.

Unveröffentlichte Episoden aus dem reiche Himmelblau – „Tarja und der Löwenzahn“

Es ist ein herrlicher Montagmorgen und es verspricht ein ausgesprochen schöner Tag zu werden. Schnabelfroh ist bereits aufgestanden, denn es steht wieder die allmontägliche Reichsbesichtigung auf seinem königlichen Arbeitsplan. Da seine Verhandlungen mit dem Vogelmeister der Gelbgefiederterten erfolgreich waren und er somit sein Reich doch nicht unwesentlich vergrößern konnte, ist er heute schon früher aufgestanden. Anton, der vorausschauend mitgedacht hatte und eine weitere Reichsapfelaffäre unbedingt verhindern möchte, hat sich schon vor allen anderen auf den Weg gemacht, um frische, ganz junge, Löwenzahnblätter für einen gesunden, kräftigenden Trunk für seinen König zu pflücken. Nun schneidet er Äpfel, Zucchini, Pflaumen und Gurken ganz klein, gibt alles in einen Bottich und zermanscht das Ganze mit seinen Füßen, natürlich nicht ohne sie vorher gründlich mit Gänseblümchenseife gewaschen zu haben. Dann presst er den aufgeweichten Brei durch ein Tuch in eine Karaffe. Anschließend hackt er und das ganz fein, Petersilie, die Löwenzahnblätter und etwas Liebstöcklkraut und mischt die Kräuter unter den Saft. Farblich nicht ganz ansehnlich, reüssiert er nachdenklich, jedoch der Saft riecht und schmeckt herrlich. Er gießt etwas in ein Glas und garniert es mit einem Löwenzahnblatt und als Trinkanregung mit einer herrlich gelb leuchtenden Löwenzahnblüte. So serviert er, in der Eingangshalle auf seine Majestät wartend, ihm den stärkenden Trunk. König Schnabelfroh freut sich über die Aufmerksamkeit seines Leibkoches denkt sich aber im Insgeheimen, warum er denn dieses unansehnliche Gebräu überhaupt trinken solle. Um Anton nicht zu enttäuschen und seine Arbeitsmoral nicht zu untergraben, stürzt er mit Todesverachtung das ganze Glas in einem Zug hinunter, um jedoch anschließend feststellen zu müssen, dass der Trunk gar nicht so schlecht schmeckt wie er aussieht. Anton ist zufrieden und voller Enthusiasmus richtet er für den königlichen Nachwuchs und den Lappeenrantakindern je ein Gläschen Saft und verziert es ebenfalls mit Löwenzahnblüten und -blättern. Fröhlich serviert er es ihnen vor dem Frühstück. Man kann die Reaktion der Kinder förmlich hören. Ein Protestgezwitscher und Worte wie, bäh das sieht aber scheußlich aus, muss er über sich ergehen lassen. Nur Tarja, die sich zuerst die Blüten vom Glasrand zupft und in die Federn steckt, anschließend die Blätter von allen Seiten betrachtet, daran riecht um im Anschluss den Saft leise schlürfend durch den Schnabel genüsslich in die Kehle rinnen zu lassen, ist begeistert über den herrlichen Geschmack und die wunderhübschen Blüten. Erstaunt und mit offenem Schnabel verfolgen die anderen ihr tun. Allein Florinda macht es ihr gleich und trinkt den Saft. Sie hält aber unbemerkt sicherheitshalber den Atem an, um nichts schmecken zu müssen. „Gar nicht so übel“, trällert sie fröhlich und muss ein kleines Bäuerchen unterdrücken, denn der Saft droht wieder ins Glas zurück zu wollen. Tarja jedoch ist selig und bittet Anton ihr nach dem Frühstück den Platz zu zeigen, an dem die herrlichen Blüten wachsen und ihr das Rezept zu verraten. Unverständlich schütteln alle ihre Köpfe, doch Geschmäcker sind eben verschieden. Später fliegt Tarja an Antons Seite zum Blaustreifenfischteich an dessen Ufer der Löwenzahn wächst. Sie ist begeistert und fliegt schnuppernd von einer Blüte zur anderen. Im Freudentaumel dreht sie mit geschlossenen Augen Pirouetten immer mit den Flügeln sanft über die Blüten streichend. Als sie ihre Augen öffnet, kann sie deren fast nicht trauen, denn sie ist umgeben von vielen tausenden winzigen zierlichen Schirmchen die durch jede kleinste Bewegung eines Lufthauches durch die Lüfte getragen werden. Sie legt sich inmitten des Blütenfeldes auf den Rücken und betrachtet fasziniert das Schauspiel. „Wer hat die Blüten verzaubert,“ trällert sie ehrfürchtig und Anton erklärt ihr geduldig lächelnd die wundersame Vermehrung des Löwenzahns.

Unveröffentlichte Episoden aus dem Reiche Himmelblau – Florindas neue Schuhe

Aus dem königlichen Vorgarten hört man lautes Gezwitscher und dazwischen heftiges Pfeifen. Florinda und Tarja lehnen sich neugierig aus dem Fenster, um nachzusehen was denn los sei. Friedrich und Balduin, die verfolgt von Onni, Yanis und Samu, sich gerade mit den Flügeln den Fischblasenball zuwerfend in Richtung Korb bewegen, haben in der Hitze des Gefechtes die frisch gepflanzten Veilchen übersehen. Johannes von und zu Beere hätte vor Aufregung fast seinen Zylinder verloren und ihn gerade noch mit seinem linken Flügel auffangen können. Unter heftigstem Protest und Gefuchtel versucht er die Burschen zurechtzuweisen. Leider zu spät, die kleinen Pflänzchen liegen bereits zertreten am Boden. Heide von Röschen, die der Tumult ebenfalls auf die Terrasse getrieben hat, reicht Herrn Beere ihr besticktes Taschentuch, auch wenn sie nicht immer einer Meinung mit ihm ist, jetzt tut er ihr doch etwas leid. Er lüpft seinen Zylinder und wischt sich den Schweiß von seinem, spärlich mit Federn bewachsenen Kopf und murmelt unverständliche Worte in seinen nicht vorhandenen Bart. Nur zu gut, dass sie keiner verstehen kann, denn seine Wortwahl würde nicht zur höfischen Kontenance passen. Aufgewühlt verlässt er den Vorgarten und geht in Richtung Küche. Dort ist auch Anton und Börge der Wirbel nicht verborgen geblieben und Börge geht wohlweislich schon einmal in die Vorratskammer, um ein Gläschen Seelentröster für Herrn Beere bereitzustellen. Heide von Röschen folgt ihm, denn er hat vor lauter Aufregung vergessen, ihr das Taschentuch zurückzugeben und das kann Röschen gar nicht dulden, denn immerhin war es ein Geschenk von ihrem Angebeteten Rupertus. Florinda und Tarja, denen das Schauspiel im Garten eine willkommene Abwechslung war, ziehen sich wieder gelangweilt auf ihr Zimmer zurück. Sie haben sich heute bereits die Krallen mit rosa Lack bestrichen, ihre Federn und den Schnabel poliert und nun ist es ihnen äußerst öde. Nichts, aber auch gar nichts fällt ihnen jetzt noch ein und so bemalen sie gelangweilt an paar Fischblasen und um die Burschen etwas ärgern zu können, in ihren Lieblingsfarben und da darf rosa natürlich nicht fehlen. Zu Mittag gibt es ein herrliches Mahl, das die beiden Mädchen wieder etwas fröhlicher stimmt. Ganz besonders das Dessert, denn das hat Anton mit rosa Zuckerguss und Silberperlchen verziert, schmeckt nicht nur sondern es gefällt den beiden auch ausgesprochen gut. Danach fliegen sie einträchtig in den Garten, um etwas zu schaukeln und sich gemeinsam zu langweilen. Das ist immerhin noch besser als alleine Löcher in die Luft zu starren. Flügel an Flügel schaukeln sie und betrachten den Himmel, auf dem nicht einmal eine Wolke zu sehen ist und man deswegen auch kein fröhliches Tiere raten inszenieren kann. Alle haben etwas zu tun: die Burschen sind wieder beim Flügelballspielen, Johannes von und zu Beere beim Einsetzen von neuen Veilchenpflänzchen und Heide von Röschen hängt gerade ihr Taschentuch in die Sonne das sie vorher in Rosenwasser gewaschen hatte. „Ach wie gerne würde ich Flügelballspielen, alleine um es den Burschen einmal zu zeigen. Auch wenn wir möglicherweise keinen Reichsapfel werden tragen dürfen und darum diese Übungen nicht benötigen, sind wir doch keine schlechten Spielerinnen“, schnabelt Florinda missmutig und fordert Tarja auf sie in ihr Zimmer zu begleiten, um sich den Tag mit ein paar Glitzersteinchen zu verschönern. Als sie die Eingangshalle erreichen sehen sie Ilger Ränzel, der sich mit Röschen unterhält und der zwei Päckchen unter den Flügel geklemmt hat. Rasch fliegen sie zu ihnen und Florinda fällt Ilger vor Freude überschwänglich in die Flügel. „Hallo Ilger! Das ist aber schön, dass Du uns besuchen kommst und Du hast uns offensichtlich etwas mitgebracht,“ trällert Florinda auf die Päckchen zeigend. Ilger, der kein großer Redner ist, nickt nur höflich und gibt ein Päckchen Florinda und eines Tarja. „Oh wie schön, rosa Schuhe!“ zwitschert Florinda ausgelassen. „Seit wann macht ihr auch Schuhe“, meint sie überrascht zu Ilger. „Seit wir Dich besser kennen“, antwortet Ilger belustigt. „Mein Großvater hat es mir gezeigt. Der erlernte dieses Handwerk wiederum von seinem Vater. Nur mein Vater wollte kein Schuster werden und darum ist er Taschner geworden.“ Tarja findet in ihrem Päckchen eine rosarote Hüfttasche mit einem extralangen Gurt, „wegen Deines etwas üppigeren Hüftumfanges“, erklärt Ilger kurz aber höflich. Fröhlich springen die beiden umher und die Langweile scheint verflogen zu sein. Tarja hat ihre Tasche bereits umgeschnallt und Florinda trägt stolz ihre neuen Schuhe. Sie hüpft und tanzt gemeinsam mit Tarja wie ein kleiner Wirbelwind durch die Eingangshalle. „Der Absatz ist super, ich hatte noch nie so hohe Absätze. Mit denen kann ich sicher gut Flügelballspielen, denn die geben mir bestimmt halt in der weichen Erde. Lasst sie uns einmal ausprobieren“, trällert Florinda und ist auch schon in ihrem Zimmer verschwunden. Zurück kommt sie mit einer rosalilafarbenen Fischblase. „Kommt spielen! Wir zeigen es den Jungs“, pfeift sie und schon ist sie draußen. Eifrig jagt sie mit ihren hochhackigen Schuhen dem Ball hinterher und die beiden folgen ihr. Ilger ist ihr dicht auf den Fersen und der Ball in greifbarer Nähe, doch Florinda schießt ihn mit einem gekonnten Kopfball ins Netz. Nur zu dumm, dass sie den kleinen Hügel übersehen hat, stolpert und bäuchlings vor dem Korb landet. Alle lachen und klatschen Beifall. Florinda erhebt sich ganz Prinzessin mäßig, richtet ihr Krönchen zurecht, verneigt sich den Beifall sichtlich genießend und der Tag ist gerettet.

BEONIMUS RABENBEIN – „Seemannsgarn & Küchenlatein“- Der Flug über den Zauberberg

Leni und ihre Mutter Frieda haben sich der Vogelschar angeschlossen, um jenseits des Zauberberges zum frisch bestellten Feld von Bauer Jonas zu fliegen. Weizensamen schmecken herrlich und sind wieder einmal eine willkommene Abwechslung in ihrem Speiseplan. Leni, das kleine Rotfedermädchen und die Jüngste von Friedas Kindern, ist schon ein halbes Jahr alt und darf zum ersten Mal mitfliegen. Ihre beiden Brüder Konstantin und Kasimir, die den Weg bereits kennen, fliegen dicht hinter ihrem Vater her und weichen ihm nicht von der Seite, denn man erzählt sich unheimliche Geschichten über den Zauberberg. Dort soll es spuken und so manch einer soll dort schon verschwunden sein, hatte ihnen ihr Großvater erzählt. Der flog in jungen Jahren auch des Öfteren zum Weizenfeld das früher von Bauer Hannes, dem Vater von Jonas, bestellt wurde. „Es war ein herrlicher Morgen“, hatte ihr Großvater ihnen erzählt, „meine vier Freunde Anton, Leo, Waldemar, Kaspar und ich hatten von unserem Nachbar erfahren, dass es jenseits des großen Berges wieder frische Weizensamen zu holen gäbe. Wir waren eine lustige und furchtlose Truppe und wir dachten uns, wenn wir niemanden etwas sagen und alleine losfliegen, werden wir die besten Samen schnabulieren können. Und so, es war wie gesagt ein herrlicher Frühlingsmorgen, machten wir uns heimlich auf den Weg. Die Sonne war gerade aufgegangen und es war noch wunderbar kühl. Über dem kleinen Teich, der am Fuße des Berges liegt, lag noch etwas Nebel und die Fische waren gerade dabei sich ihr Mückenfrühstück zu genehmigen. Eine wahrlich herrliche Gelegenheit das ebenfalls zu tun und so schnappten wir uns jeder einen Fisch zur Stärkung, denn wir waren ohne Frühstück losgeflogen. Kaspar hatte einen riesigen Fisch erwischt und wir mussten alle zusammenhelfen, um ihn an Land ziehen zu können. Ihr könnt euch das gar nicht vorstellen, da waren noch Fische im Teich, die waren so groß, dass sie ohne weiteres einen von uns hätten schnappen können. Doch wir waren jung und kannten keine Angst. Das war ein Festmahl kann ich euch sagen. Wir machten uns ein kleines Lagerfeuerchen, grillten uns die Fische, aßen noch frischen Löwenzahnsalat dazu und fühlten uns frei und rundum wohl. Müde vom Fangen und dem herrlich kross gebratenen Fisch, beschlossen wir ein Nickerchen zu machen, denn der Weg über den Berg war noch weit. Es war schon später Nachmittag als wir wieder wach wurden und allhöchste Zeit den Flug anzutreten, wir wollten ja noch vor Anbruch der Dunkelheit wieder zurück sein. Wir füllten unsere Schnäbel mit Wasser, löschten das Feuer und flogen weiter. Immer weiter hinauf und hinauf bis auf die Spitze des Berges und hinunter flogen wir im Sturzflug. Das machte Spaß und Waldemar, der Überflieger unter uns, drehte zum Erstaunen aller, wahnwitzige Pirouetten. Da lag es nun vor uns das frisch gesäte Weizenfeld und wir schnabulierten und schnabulierten die herrlichen Samen. Wir fühlten uns wie im Schlaraffenland. Vollgefressen wie wir waren konnten wir nicht gleich den Heimweg antreten und so beschlossen wir noch ein kleines Nickerchen zu machen. Anton, der Älteste unter uns, hatte entschieden wach zu bleiben, denn einer musste ja die Sonne im Auge behalten, denn wir sollten unbedingt noch vor Sonnenuntergang die Heimreise antreten. Und stellt euch vor, als wir wach wurden war es bereits dämmrig und die Sonne fast untergegangen, denn Anton war ebenfalls eingeschlafen. Wir schüttelten rasch den Schlaf aus unseren Federn und machten uns auf den Heimweg. Es war uns schon etwas mulmig, denn der Weg war noch weit. Als wir die Spitze des Berges endlich erreicht hatten war auch die Sonne schon untergegangen und es war stockdunkel. Wir konnten nicht einmal mehr unsere Schnäbel sehen, so dunkel war es. Gut, dass wir noch eine Felsspalte finden konnten in der wir die Nacht verbringen wollten. Eng aneinandergedrängt hockten wir nun in dieser Spalte und warteten die Nacht ab. Gruselig wars, das kann ich euch sagen und Geräusche waren da zu hören das könnt ihr euch nicht vorstellen, Krächzen, Piepsen, Rascheln und Steingepolter. Eine schreckliche Nacht, wir konnten kein Auge zu machen. Doch am Schlimmsten war die absolute Dunkelheit, denn in die Felsspalte drang kein Sternenlicht und hinaus wollten wir auch nicht, denn in der Nacht sind die Jäger unterwegs und ihre unheimlichen Schreie machten uns doch etwas Angst. Wir kannten ihre Schreie nur aus Erzählungen unserer Eltern und wir waren uns ganz sicher, dass wir keiner Eule oder Fledermaus begegnen möchten. Man konnten ja nicht wissen, ob ihnen nicht der Sinn nach Rotgefiederten stünde. So durchwachten wir die Nacht und gleich bei den ersten Sonnenstrahlen machten wir uns wieder auf, um nach Hause zu fliegen. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass wir froh waren als wir endlich wieder daheim waren. Die Schelte unserer Eltern waren nichts im Gegensatz zur durchwachten Nacht. Wir waren heilfroh mit dem Leben davon gekommen zu sein.“

Unveröffentlichte Episoden aus dem Reiche Himmelblau – Engpass im Blaustreifenfischteich

Es ist wieder einmal Montag, der Tag an dem sich König Schnabelfroh auf seine allwöchentliche Reichsbesichtigung begibt. Er fliegt wie immer zu seinen Besitztümern, um nach dem Rechten zu sehen. Da heute noch ein sehr anstrengender Termin mit dem Vogelmeister der Gelbgefiederten ansteht, denn er möchte sein Reich vergrößern und zu diesem Zwecke den angrenzenden Eichenhain erwerben, hat er seinen Reichsapfel vorsorglich mit einem Netz befestigt. Sein Missgeschick, der Bruch des Reichsapfels, steckt ihm noch in den Gliedern und mit einer halben königlichen Insignie möchte er nicht mit dem benachbarten Vogelmeister über den Eichenhain verhandeln müssen, das wäre zu peinlich und würde seine Autorität untergraben. So ausgestattet umrundet er den großen Tannenwald, das kleine Erlenwäldchen, den Birkenhain und das kürzlich neu erworbene Buchenwäldchen, in dem sich die Grüngefiederten, Zuwanderer aus einem benachbarten Königreich niedergelassen hatten, da er ihnen, wie seinen blaugefiederten Untertanen, freien Fischfang im Blaustreifenfischteich zugesichert hatte. Schon bei der Umrundung des Buchenwäldchens vernimmt er aus der Ferne heftiges Gezeter und Gezwitscher. Als er den Blaustreifenfischteich erreicht wird er von seinen blaugefiederten Untertanen völlig überrumpelt. Sie zwitschern und trällern durcheinander, sodass er keinen einzigen vernünftigen Satz verstehen kann. Er hört nur Wortfetzen wie: fast leer, zu klein, die Grüngefiederten, Frechheit. Mit einer königlichen Geste bedeutet er ihnen ruhig zu sein und befragt einen aus der Schar, der sich am Meisten hervorgetan hatte, was den dieser Tumult zum Inhalt habe. Der Gefragte tritt vor, verneigt sich und stellt sich vor. „Eure königliche Hoheit, man nennt mich Wendel, da ich anscheinend so wendig und schnell bin und“. Schnabelfroh unterbricht seinen Redeschwall und bittet ihn zur Sache zu kommen. Wendel erklärt im überaus wortreich, dass sich königliche Hoheit doch einmal umblicken sollte, dass der Bestand an Blaustreifenfischen beträchtlich zurückgegangen und, dass kaum noch an Jagd zu denken sei, die Grüngefiederten ihre reichliche Jagd damit begründen würden zu Ihren, königliche Hoheit, Ehren Huldigungsfeste zu veranstalten und, dass er und das Volk der Blaugefiederten lange dabei zugesehen hätten, doch jetzt damit absolut Schluss sein müsste. König Schnabelfroh blickt zum Teich und muss leider auch feststellen, dass obwohl es früh am Morgen ist und dichte Mückenschwärme über dem Teich schweben, nur wenige Blaustreifenfische ihr Mückenfrühstück einnehmen. Sofort muss er an seine allerliebste Rosaschnabel denken, die krossgebratenen Blaustreifenfisch zum Frühstück überaus liebt und die sicher sehr traurig sein würde, wenn sie darauf verzichten müsste. Er bittet sein blaugefiedertes Volk Ruhe zu bewahren und nach Hause zu fliegen, denn er, ihr König, würde sich eine Lösung überlegen. Unter heftigem Diskutiergezwitscher verlässt die Schar den Blaustreifenfischteich und König Schnabelfroh bleibt ratlos am Ufer zurück. Gut, dass er seinen Reichsapfel heute wohlweislich gesichert hat, denn möglicherweise wäre er ihm bei dieser Diskutiererei aus dem Flügel gefallen, nicht auszudenken. Er rückt seine Krone zurecht und setzt sich, um nachzudenken. Ganz sicher will er den Grüngefiederten das jagen, anlässlich diverser Huldigungsfeste ihm zu Ehren, nicht limitieren. Das wäre der falsche Weg, sinniert er und auch Rosaschnabel soll nach Lust und Laune ihren krossgebratenen Blaustreifen jederzeit schnabulieren können, eine verzwickte Lage. Er würde wohl heute noch seine Minister einberufen müssen, um zu einer schnellen Lösung zu kommen und um einen Streit zwischen seinen blau- und grüngefiederten Untertanen vermeiden zu können. In Gedanken fliegt er weiter, um den Termin mit dem Vogelmeister der Gelbgefiederten nicht zu verpassen. Es wäre nicht königlich unpünktlich zu erscheinen und würde auch den Verhandlungen um den Eichenhain nicht zuträglich sein. Pünktlich erscheint er im Büro des Vogelmeisters, der ihn gebührlich mit einem Gläschen Kir Royal empfängt. Er zeigt ihm die Gemeindekarte in der der Eichenhain bereits mit roter Farbe markiert wurde. König Schnabelfroh sieht direkt neben der markierten Stelle einen Teich eingezeichnet, der ein kleines Stückchen in den Eichenhain hineinragt. „Der Teich“, verehrter Herr Vogelmeister, „der Teich wird wohl auch Verhandlungssache sein, denn ansonsten ist es wohl schwerlich möglich eine ordentliche Grenze zwischen dem Reiche Himmelblau und ihrer Gemeinde zu ziehen und Grenzprobleme wollen wir doch nicht heraufbeschwören, oder?“, meint Schnabelfroh ernst und zeichnet eine imaginäre Grenze auf der Karte. Der Vogelmeister nickt nachdenklich und reüssiert, „mit dem Gelbtupffischteich, dem Orangebauchfischteich und dem Gelborangestreifenfischteich haben meine Bewohner eigentlich genug Möglichkeiten zur Jagd. Der Gelbstreifenfischteich, den Sie, königliche Hoheit, miterwerben möchten, ist eher mein privater Fischteich und den könnte ich eventuell, vorausgesetzt die Bezahlung stimmt, abtreten. Nur eines möchte ich mir noch ausbedingen, denn meine allerliebste Angetraute liebt krossgebratenen Gelbstreifenfisch zum Frühstück, zwei Stück jeden Sonntag. König Schnabelfroh, der sein Anliegen nur allzu gut versteht, den Teich des Friedens willen unbedingt benötigt, willigt in den Preis und sein Anliegen ein. Nun ist es beschlossene Sache und König Schnabelfroh fliegt zufrieden und erleichtert zurück. Gleich morgen will er es seinem Volke kundtun und er freut sich schon auf das Huldigungsfest, das sie zu seinen Ehren veranstalten werden.

Unveröffentlichte Episoden aus dem Reiche Himmelblau – Tarjas Geburtstagsgeschenk

Prinzesschen Florinda hat sich heute schon ganz früh aus der königlichen Voliere geschlichen. Es ist ein herrlicher Sonntagmorgen, die Sonne ist gerade über dem kleinen Birkenwäldchen aufgegangen und alle am Hofe schlafen noch. Nur die Rosatupffische sind bereits beim Mückenfrühstück, ein herrlicher Anblick. Die Sonnenstrahlen bringen ihre Tupfen so richtig zum Leuchten und sie erstrahlen im schönsten Pink. Florinda hat sich so früh auf den Weg gemacht, um die erste Gratulantin zu sein, denn Tarja hat heute ihren fünften Geburtstag. Dazu hat sie sich ein besonderes Geschenk einfallen lassen und das will erst besorgt werden. Ihre Freundin liebt, genau wie sie selbst und fast alle Mädchen im Reiche Himmelblau, die Farbe pink und selbstverständlich soll es auch etwas in dieser Couleur sein. Schon Tage zuvor, die beiden waren zu einem Picknick am Blaustreifenfisch ausgeflogen, hatten sie die prunkvollen Rosaringelstreiflinge, herrliche Prachtfalter, am Uferrand entdeckt als die gerade an Wasserlilien schlürfend ihre nachmittägliche Portion Nektar zu sich nahmen. Tarja war so fasziniert, dass ihr vor Bewunderung fast das Picknickkörbchen aus dem Flügel gefallen wäre. So kam Florinda überhaupt erst auf die grandiose Idee, Tarja so einen Falter zum Geburtstag zu schenken. Da sie von der Schmetterlingsjagd überhaupt nichts versteht und sie auch keinen fragen konnte, hat sie sich ohne Fangutensilien auf den Weg gemacht, um einmal die Lage zu checken. Schon von Weitem sieht sie die gelben Wasserlilien in der Sonne leuchten und beim Näherkommen entdeckt sie zwei Falter friedlich Liliennektar schlürfend. Einen Rosaringelstreifling und einträchtig daneben ein Blauornamentling. Die zarten Wesen schauen so wunderbar schön und zerbrechlich aus, dass Florinda kurz daran denkt, Tarja doch ein anderes Geschenk zu besorgen, denn wie sollte sie ihn fangen ohne ihn zu verletzen. Sie setzt ich ans Ufer und überlegt jedoch die beiden nicht aus den Augen lassend, die bereits zur nächsten Lilie weitergeflogen waren. Sie wird wohl beide fangen müssen, das steht schon einmal fest, denn sie dürften allerbeste Freunde sein. Einer allein würde nie in ihre Falle gehen. Doch wie anstellen und was tun? Florinda duckt sich hinter einen Lilienbusch, um nicht gesehen zu werden. Da kommt ihr plötzlich, wie aus heiterem Himmel, die zündende Idee. Langsam und leise schlürft sie Nektar aus den gelben Blüten, sammelt diesen in ihrem Schnabel, gar nicht so einfach ihn nicht zu schlucken und verharrt wartend hinter den Lilien. Vielleicht würden die beiden gar nicht merken, dass ihr Schnabel keine Blüte ist und wenn sie sich nach Nektar suchend auf ihren Schnabel setzen würden, könnte sie langsam in Richtung Voliere zurückfliegen, hofft Florinda und wartet geduldig. Der Schluckreiz plagt sie ungemein und es ist auch nicht einfach den Schnabel immer geöffnet zu halten, aber für Tarjas Geschenk ist ihr diese Plage alle Male wert. Und siehe da, die beiden nähern sich und setzen sich nichts bemerkend auf ihren Schnabel. Wow, sind die schön, denkt sich Florinda, leicht schielenden Blickes und versucht, langsam und leise mit den Flügeln schlagend, den Heimweg anzutreten. Die Falter dürften so vertieft in ihre Nahrungsaufnahme sein, dass sie gar nicht bemerken wie Florinda über die Wiesen hinwegfliegt. Mit offenem Schnabel zu fliegen auf dem auch noch zwei Falter sitzen, ist nicht so einfach, denn die Schmetterlingsflügel versperren ihr etwas die Sicht. Doch endlich erreicht sie die Voliere und fliegt rasch in die Eingangshalle. Türe zu, Kopf schütteln um die Falter los zu werden und schon sind die Schmetterlinge gefangen und fliegen nun hoch über ihrem Kopf in der Eingangshalle hin und her. Bevor sie nun Tarja weckt, läuft sie noch in die Küche in der Anton bereits dabei ist das Frühstück für die königliche Familie vorzubereiten und trinkt einen Schluck Wasser, um den Nektargeschmack loszuwerden. Anton, der gerade die letzten Perlchen auf Tarjas Geburtstagstorte drapiert, staunt nicht schlecht Florinda schon so früh am Morgen zu begegnen. Florinda erzählt ihm überschwenglich vom morgendlichen Fang und ihr Geschenk für Tarja. Anton der den Ausführungen aufmerksam zuhört, platziert ganz oben auf der dreistöckigen Torte eine kleine runde Scheibe aus rosa Marzipan, die er währenddessen Florinda erzählt, schnell noch ausgerollt und mit einem Förmchen ausgestochen hat. „Da habe ich auch noch eine Idee“, meint er lächelnd und fordert sie auf ihm, die Torte den Flügeln haltend, in die Eingangshalle zu folgen. Dort steht er nun wie angewurzelt und rührt sich nicht von der Stelle. Florinda versteht überhaupt nichts und blickt ihn verwundert an. Erst als sich die beiden Prachtfalter, wie ausgemacht auf die kleine runde Scheibe der Torte setzen und ihre Fühler in die süße Masse stecken, versteht sie. „Was für ein schönes Topping, was für eine herrliche Torte“, ruft sie vor Begeisterung. Rasch fliegen die beiden in den Frühstücksraum, indem schon die gesamte königliche Familie und die Lappeenrantas versammelt auf das Frühstück warten. Man kann sich die Freude und das Erstaunen Tarjas vorstellen, als sie ihre Torte erblickt. Florinda herzt ihre Freundin die sich unter Tränchen bedankt. Nach dem Frühstück, die Schmetterlinge hatten sich offensichtlich sattgegessen, öffnet Tarja die Fenster und entlässt die beiden Schönheiten in die Freiheit.

Unveröffentlichte Episoden aus dem Reiche Himmelblau 6

Die Reichsapfelernte – Empfang im Städtchen „Weitweg“

Die Sonne geht über den Palmen der kleinen Oase auf. Birger brütet bereits über der Karte und studiert die Reiseroute, denn es gilt noch ein kleines Stück Wüstenlandschaft zu überfliegen und berechnet genauestens die Reisezeit. Gestern war es spät geworden, denn Baron Wangenrot war mächtig am Feiern seiner, wie er meint, Wiedergeburt und war nicht zum Schlafen zu bewegen. Um keine neuerlichen Überraschungen zu erleben war Birger aufgeblieben, um etwaig Gröberes zu verhindern. Wangenrot war ziemlich in Fahrt gewesen und erzählte mit überschwänglichen Gesten und ausgesprochen ausführlich sämtliche für ihn wichtigen Ereignisse bis hin zur Jugendzeit und dabei flossen nebst Mangosaft auch jede Menge Hirsebier und Palmwein. Baron Wangenrot, der als Apfelmeister das brennen von Apfelschnaps gelernt hat, ist offensichtlich einiges an Alkoholischem gewöhnt, denn er wurde absolut nicht müde. Erst weit nach Mitternacht konnte er den Baron dazu überreden sein Nachtlager aufzusuchen. Jetzt schläft er wie ein Baby und klappert leise beim Ausatmen mit dem Schnabel, ein untrügliches Zeichen für tiefsten Tiefschlaf. Birger packt in den jetzt leeren Rucksack Wangenrots jede Menge Wasser und viel Obst für den Flug über die Wüste. Er beschließt den Rucksack selber zu tragen, denn Wangenrot wird erstens nach der durchwachten Nacht und dem Bierkonsum nicht in der Lage sein und zweitens möchte er so eine Situation wie gestern nicht aufs Neue heraufbeschwören. Friedrich, Balduin und Herr Beere sind nun ebenfalls wach. Frisch und vergnügt scharen sie sich um eine lange Tafel, die bereits von den Oasenbewohnern für die königlichen Herrschaften reich gedeckt wurde. Nur Baron Wangenrot schläft noch und klappert vor sich hin. Birger rüttelt ihn unsanft und hält ihm ein Glas frischen, mit Kräutern angereicherten und stark riechenden, Tomatensaft unter den Schnabel. Blitzartig öffnet er die Augen, denn der Geruch steigt ihm beißend in die Nase. „Aufstehen, Herr Baron, es ist Zeit zum Frühstücken, wir fliegen gleich“, pfeift Birger ihm laut entgegen. Baron Wangenrot schüttelt seine Federn und krächzt müde, „nicht so laut, etwas Kontenance und Rücksicht würde ich mir von Ihnen schon erwarten, wo ich doch gestern den Absturz nur knapp überlebt habe.“ Er hält sich wehklagend seinen Kopf und setzt sich zu den anderen. „Ich bekomme so früh am Morgen noch keinen Bissen hinunter“, konstatiert er gähnend und probiert den Tomatensaft. Heftig prustend und spuckend stellt er das Glas beiseite und meint, ein Glas Wasser würde ihm heute Morgen genügen, denn er wäre noch satt von gestern. Alle staunen nicht schlecht, denn Baron Wangenrot ist bekannt dafür, dass er sehr gerne und reichlich isst. Nur Birger versteht und blickt ihm wissend in die Augen worauf der Baron errötet und zum Abflug drängt. Sie bedanken sich für die Gastfreundschaft, verabschieden sich von ihren neuen Freunden den Störchen und verlassen die Oase in Richtung „Weitweg“. Der heiße Sandwind bläst ihnen unerbittlich in die Gesichter und die Luft flirrt vor Hitze, doch noch sind sie gestärkt und die Aussicht auf Weitweg beflügelt. Zügig geht die Reise weiter und auch Baron Wangenrot hält das Tempo, obwohl ihn Birger manchmal leise ächzen hört. Die Wegstrecke über die Wüste ist nicht sehr lang, denn bereits zu Mittag werden sie die Ausläufer erreicht haben und in der Steppenlandschaft ihre erste Rast abhalten. Baron Wangenrot, der während des Fluges reichlich Wasser getrunken hat ist froh als er schon von Weitem die Steppenlandschaft erspäht, denn er hat eine Pinkelpause dringend nötig und es regt sich auch schon mächtig der Hunger. Birger, der das Magengrimmen deutlich hören kann, ist ebenfalls glücklich gleich den Rastplatz erreicht zu haben, denn einen neuerlichen Kollaps des Barons würde er nicht verkraften können. Reichlich verschwitzt und hungrig erreichen sie das Steppenland und unter einem Bäumchen machen sie Rast. Baron Wangenrot stürzt sich hungrig auf die exotischen Köstlichkeiten und frisch gestärkt doziert er, nicht ohne reichlichen Ausschmückungen, über seinen gestrigen Überlebenskampf. Birger, der gestern ohnedies sämtliche Varianten des Wüstendesasters mitanhören musste, ist genervt und zieht sich, die Karte studierend, von der Gruppe zurück. Die anderen stärken sich ausgiebig und die Burschen lachen schallend über die Anekdoten Wangenrots, nur Johannes von und zu Beere schweigt und denkt sich seinen Teil. Anschließend geht es weiter und das Ziel, das Städtchen „Weitweg“ würde bald erreicht sein. Aufgeregt fliegen sie rasch und ohne Unterbrechung weiter. Es ist früher Nachmittag als ihnen bereits der Wind einen frischen Apfelduft in ihre Nasen weht. Weitweg, die Stadt der Reichsapfelproduktion, liegt vor ihnen, eingebettet in eine Mulde und umringt von herrlich duftenden Apfelbäumen. Zahlreiche Apfelpflücker aus allen Herren Ländern sind emsig bei der Apfelernte. Fasziniert fliegen sie in die Stadt und unverzüglich zum Apfelbüro. Dort erwartet sie schon Adam Kuckuck und der Vogelmeister der Stadt. Das war ein Hallo und ein Flügelgeklopfe. Adam Kuckuck ist sichtlich erleichtert die königliche Reisegesellschaft wohlauf begrüßen zu können. Der Vogelmeister zeigt ihnen ihre Quartiere, die äußerst standesgemäß hergerichtet wurden und bittet sie sich auszuruhen, denn am Abend sei ein großes Fest zu ihren Ehren geplant. Baron Wangenrot, überaus glücklich sich etwas hinlegen zu können, verschwindet sofort in seinem Zimmer. Die Burschen mischen sich währenddessen unters Volk und zeigen ihre Flügelballkünste. Übermütig jonglieren sie zwischendurch mit Äpfeln und Reifen und werden von den Zuschauern ausreichlich mit Applaus bedacht. Man muss über den Prunk, das köstlich delikate Mahl, den reichlichen Ovationen, nicht viele Worte verlieren, denn man kennt ja die rauschenden höfischen Feste. Nicht nur Baron Wangenrot war äußerst entzückt, gerührt und begeistert über das Dargebotene. So geht eine äußerst abenteuerliche Reise seinem Ende zu und die Apfelernte kann beginnen.

Kurzgeschichte aus meinem Buch „Beonimus Rabenbein“ Klatsch und Tratsch

Gunther Bunt und Fidi Ralla

Auf einer Waldlichtung, im Erlenwäldchen nahe von Nürnberg, gehen die Arbeiten am neuen Musiktheater rasch voran. Frau Theaterdirektorin Hella von Wahnsinn hat vor einem Jahr das alte, schon sehr in die Jahre gekommene Theater übernommen und beschlossen, es auf den neuesten Stand zu bringen. So musste die Bühne vergrößert und im Zuge dessen ein neuer Schnürboden installiert werden. Minimum zehn verschiedene Bühnenbilder müssen abseits der Drehbühne, die ebenfalls neu gebaut wurde, möglich sein. Neue Scheinwerfer und Bühnentechnik sowieso. Und weil sie schon dabei ist, wurden auch noch die Zuschauertribünen erweitert und neue, mit goldenem Brokat überzogene Theatersessel besorgt und eingebaut. Ein Orchestergraben darf auch nicht fehlen, denn wenn man schon in der Nähe von Nürnberg ein Theater führen darf, sollte unbedingt auch die Möglichkeit für Opernaufführungen gegeben sein, meint Hella. Zwei Monate vor Eröffnung startet Hella von Wahnsinn einen Aufruf an alle Vögel des Waldes. Ein neuer Name muss gefunden werden, denn sie findet den alten Namen, Orpheum unterm Erlenbaum, ziemlich abgeschnabelt. In Verbindung mit einem Preisausschreiben, ist das auch die beste Werbung für das neue Musiktheater, denkt sich Hella, denn sie hat schon fast das gesamte Budget ausgegeben. So beauftragt sie den bekannten Countertenor Russel Nightingale, er beherrscht 260 unterschiedliche Zwitschertypen von benachbarten Vögeln, zum Wettbewerb aufzurufen. Als Gewinn winken zwei Eintrittskarten für die Neueröffnung und den Saisonstart. Gespielt wird natürlich standesgemäß „Die Meisterzwitscherer von Nürnberg. Hella von Wahnsinn hat eine Jury aus Vogelgrößen der Bereiche Werbung, Kunst, Kultur, Musik und Politik zusammengestellt. Auch der Vogelscharmeister, als großer Unterstützer des neuen Musiktheaters, darf dabei nicht fehlen. Im nahegelegenen Gemeindeamt können nun die Blätter mit den Vorschlägen abgegeben werden. Fidi Ralla und Gunther Bunt, zwei passionierte Theatergeher und beste Freunde, freuen sich schon auf das neue Musiktheater. Die letzten Lenze mussten sie immer zum Tannenwald fliegen, um neue Theater- und Musikproduktionen sehen zu können und der liegt doch eine gute Flugstunde entfernt. Das war immer sehr anstrengend und nervenaufreibend, denn auf der Strecke zwischen Erlen- und Tannenwald herrscht reger Flugverkehr. Sie freuen sich schon sehr, dass nun in ihrer Vogelgemeinde das neueste Theaterhaus entstehen wird. Nächtelang diskutieren die beiden bei Birkensprudel mit Schuss und Haselnussmakronen über den neuen Namen. Sie wollen unbedingt gewinnen und als Ehrengäste auf der Tribüne sitzen. Viktoriatheater, meint Fidi, das heißt in einer anderen Sprache, siegesreich, das würde doch passen. Gunther meint jedoch, dass Gloriatheater, das für Ruhm und Ehre steht, besser passen würde. So diskutieren die beiden Nacht um Nacht hin und her. Bald ist Fidis Birkensprudel mit Schuss aufgebraucht und so muss Gunther seine eiserne Reserve an Holundergärung aus seiner Vorratskammer holen, damit weiteren Diskussionen nichts im Wege stehen würde. Erst am Abend vor Annahmeschluss kommt ihnen die zündende Idee, mit der beide einverstanden sind. Am kommenden Morgen fliegt Gunther mit dem ausgefüllten Blatt zum Gemeindeamt und gibt es noch in letzter Minute ab. Nun müssen die beiden warten bis an der Anschlagtafel der Gemeinde der Gewinner bekanntgegeben wird. Täglich treffen sie sich nun auf einen morgendlichen Haselnussshake, den es auf Knopfdruck im Gemeindeamt zu holen gibt, und warten auf den Aushang. Eines Morgens ist es nun soweit. Fidi sieht schon beim Anflug auf das Gemeindeamt, dass ein neues Blatt aufgehängt wurde. Sie fliegt hin und Gunther, der von der anderen Seite ebenfalls am Anflug ist, denn er wohnt am linken Waldesrand, beeilt sich vor ihr dort zu sein. Fast zeitgleich treffen sie ein und blicken gespannt auf das Blatt. Fidi zwitschert laut vor, die Gewinner sind, taratata, Fidi Ralla und Gunther Bunt. Sie können ihren Augen fast nicht trauen und Gunther zwitschert es noch einmal laut vor. Irrtum ausgeschlossen, meint Fidi, wir haben gewonnen. Sie zwitschern weiter was darunter steht, dass in den nächsten Tagen die Eintrittskarten per Eilflugpost kommen werden und der Bürgermeister ihnen herzlich gratuliert. Augenblicklich fliegen die beiden zu Gunther nach Hause, um den Gewinn mit einem kräftigen Schluck Holundergärung Grand Reserve aus der Lese von vor zwei Jahren zu begießen. Noch zwei Tage bis zur Eröffnung und beide sind schon sehr aufgeregt. Endlich, heute ist der ersehnte Eröffnungstag. Beide putzen sich mächtig heraus und Gunther nimmt sogar sein Monokel mit, damit er alles besser sehen kann, meint er. Fidi weiß aber genau, dass es dafür nur einen Grund gibt, er will schick aussehen und dass da ein Monokel einfach dazugehört, hat ihr Gunther schon bei ihren ersten Theaterbesuchen erklärt. Beim Betreten des Theaters werden sie bereits von Frau von Wahnsinn und dem Vogelscharmeister in Empfang genommen und zu den Ehrensitzen in der vordersten Loge geleitet. Beide bekommen ein Glas prickelnden Espenlaubsaft auf einem Silbertablett serviert . Als alle ihre Plätze eingenommen haben, geht das Licht aus und ein Spot fällt auf die Loge, in der Fidi und Gunther aufgeregt ihr Prickelwasser schlürfen. Hella von Wahnsinn nimmt das Mikrofon, begrüßt ihre Gäste und stellt Fidi und Gunther als die Gewinner und die genialen Köpfe des neuen Namens vor. Der Vogelscharmeister überreicht den beiden die goldene Feder der Gemeinde und mit einem taratata geht der Spot aus und auf der Bühne erscheint der neue Name des Theaters in Leuchtbuchstaben „Opera Vogelsang an der Erle zu Nürnberg“. Heftiges Flügelschlagen im Saal, Spot auf Fidi und Gunther, die mit leicht geröteten Wangen, ob vor Erregung oder vom Prickelwasser weiß man nicht, sich verneigend vom Publikum beklatschen lassen. Der Spot geht wieder aus und das Orchester beginnt mit der Ouvertüre des ersten Aktes der Meisterzwitscherer von Nürnberg und mit Licht auf den knallroten Bühnenvorhang, geht dieser auf und das Stück beginnt.