Es ist wieder einmal Montag, der Tag an dem sich König Schnabelfroh auf seine allwöchentliche Reichsbesichtigung begibt. Er fliegt wie immer zu seinen Besitztümern, um nach dem Rechten zu sehen. Da heute noch ein sehr anstrengender Termin mit dem Vogelmeister der Gelbgefiederten ansteht, denn er möchte sein Reich vergrößern und zu diesem Zwecke den angrenzenden Eichenhain erwerben, hat er seinen Reichsapfel vorsorglich mit einem Netz befestigt. Sein Missgeschick, der Bruch des Reichsapfels, steckt ihm noch in den Gliedern und mit einer halben königlichen Insignie möchte er nicht mit dem benachbarten Vogelmeister über den Eichenhain verhandeln müssen, das wäre zu peinlich und würde seine Autorität untergraben. So ausgestattet umrundet er den großen Tannenwald, das kleine Erlenwäldchen, den Birkenhain und das kürzlich neu erworbene Buchenwäldchen, in dem sich die Grüngefiederten, Zuwanderer aus einem benachbarten Königreich niedergelassen hatten, da er ihnen, wie seinen blaugefiederten Untertanen, freien Fischfang im Blaustreifenfischteich zugesichert hatte. Schon bei der Umrundung des Buchenwäldchens vernimmt er aus der Ferne heftiges Gezeter und Gezwitscher. Als er den Blaustreifenfischteich erreicht wird er von seinen blaugefiederten Untertanen völlig überrumpelt. Sie zwitschern und trällern durcheinander, sodass er keinen einzigen vernünftigen Satz verstehen kann. Er hört nur Wortfetzen wie: fast leer, zu klein, die Grüngefiederten, Frechheit. Mit einer königlichen Geste bedeutet er ihnen ruhig zu sein und befragt einen aus der Schar, der sich am Meisten hervorgetan hatte, was den dieser Tumult zum Inhalt habe. Der Gefragte tritt vor, verneigt sich und stellt sich vor. „Eure königliche Hoheit, man nennt mich Wendel, da ich anscheinend so wendig und schnell bin und“. Schnabelfroh unterbricht seinen Redeschwall und bittet ihn zur Sache zu kommen. Wendel erklärt im überaus wortreich, dass sich königliche Hoheit doch einmal umblicken sollte, dass der Bestand an Blaustreifenfischen beträchtlich zurückgegangen und, dass kaum noch an Jagd zu denken sei, die Grüngefiederten ihre reichliche Jagd damit begründen würden zu Ihren, königliche Hoheit, Ehren Huldigungsfeste zu veranstalten und, dass er und das Volk der Blaugefiederten lange dabei zugesehen hätten, doch jetzt damit absolut Schluss sein müsste. König Schnabelfroh blickt zum Teich und muss leider auch feststellen, dass obwohl es früh am Morgen ist und dichte Mückenschwärme über dem Teich schweben, nur wenige Blaustreifenfische ihr Mückenfrühstück einnehmen. Sofort muss er an seine allerliebste Rosaschnabel denken, die krossgebratenen Blaustreifenfisch zum Frühstück überaus liebt und die sicher sehr traurig sein würde, wenn sie darauf verzichten müsste. Er bittet sein blaugefiedertes Volk Ruhe zu bewahren und nach Hause zu fliegen, denn er, ihr König, würde sich eine Lösung überlegen. Unter heftigem Diskutiergezwitscher verlässt die Schar den Blaustreifenfischteich und König Schnabelfroh bleibt ratlos am Ufer zurück. Gut, dass er seinen Reichsapfel heute wohlweislich gesichert hat, denn möglicherweise wäre er ihm bei dieser Diskutiererei aus dem Flügel gefallen, nicht auszudenken. Er rückt seine Krone zurecht und setzt sich, um nachzudenken. Ganz sicher will er den Grüngefiederten das jagen, anlässlich diverser Huldigungsfeste ihm zu Ehren, nicht limitieren. Das wäre der falsche Weg, sinniert er und auch Rosaschnabel soll nach Lust und Laune ihren krossgebratenen Blaustreifen jederzeit schnabulieren können, eine verzwickte Lage. Er würde wohl heute noch seine Minister einberufen müssen, um zu einer schnellen Lösung zu kommen und um einen Streit zwischen seinen blau- und grüngefiederten Untertanen vermeiden zu können. In Gedanken fliegt er weiter, um den Termin mit dem Vogelmeister der Gelbgefiederten nicht zu verpassen. Es wäre nicht königlich unpünktlich zu erscheinen und würde auch den Verhandlungen um den Eichenhain nicht zuträglich sein. Pünktlich erscheint er im Büro des Vogelmeisters, der ihn gebührlich mit einem Gläschen Kir Royal empfängt. Er zeigt ihm die Gemeindekarte in der der Eichenhain bereits mit roter Farbe markiert wurde. König Schnabelfroh sieht direkt neben der markierten Stelle einen Teich eingezeichnet, der ein kleines Stückchen in den Eichenhain hineinragt. „Der Teich“, verehrter Herr Vogelmeister, „der Teich wird wohl auch Verhandlungssache sein, denn ansonsten ist es wohl schwerlich möglich eine ordentliche Grenze zwischen dem Reiche Himmelblau und ihrer Gemeinde zu ziehen und Grenzprobleme wollen wir doch nicht heraufbeschwören, oder?“, meint Schnabelfroh ernst und zeichnet eine imaginäre Grenze auf der Karte. Der Vogelmeister nickt nachdenklich und reüssiert, „mit dem Gelbtupffischteich, dem Orangebauchfischteich und dem Gelborangestreifenfischteich haben meine Bewohner eigentlich genug Möglichkeiten zur Jagd. Der Gelbstreifenfischteich, den Sie, königliche Hoheit, miterwerben möchten, ist eher mein privater Fischteich und den könnte ich eventuell, vorausgesetzt die Bezahlung stimmt, abtreten. Nur eines möchte ich mir noch ausbedingen, denn meine allerliebste Angetraute liebt krossgebratenen Gelbstreifenfisch zum Frühstück, zwei Stück jeden Sonntag. König Schnabelfroh, der sein Anliegen nur allzu gut versteht, den Teich des Friedens willen unbedingt benötigt, willigt in den Preis und sein Anliegen ein. Nun ist es beschlossene Sache und König Schnabelfroh fliegt zufrieden und erleichtert zurück. Gleich morgen will er es seinem Volke kundtun und er freut sich schon auf das Huldigungsfest, das sie zu seinen Ehren veranstalten werden.