Aus meinem Buch BEONIMUS RABENBEIN erzählt „Seemannsgarn & Küchenlatein“

Petri Heil

Schon früh am Morgen macht sich König Schnabelfroh auf zur allwöchentlichen Reichsbesichtigung. Er schultert seinen Reichsapfel, rückt seine Krone zurecht und fliegt los. Am Vortag hatte es ein heftiges Gewitter gegeben und der Wasserstand seiner Teiche ist heute besonders hoch. Der kleine Rosatupffischteich ist sogar etwas über die Ufer getreten. Der wundervoll blaue und wolkenlose Himmel verheißt wieder tolles Bade- und Fischfangwetter. Noch stehen kleine Nebelschwaden und Schwärme von Mücken über den Teichen und seine Fische laben sich am reich gedeckten Tisch. Fröhlich springen sie aus dem Wasser und nehmen ihr frühmorgendliches Mückenfrühstück ein. König Schnabelfroh notiert: Hoffischfangjäger mit dem Fischfang am Rotstreifenfischteich beauftragen, um die königliche Vorratskammer wieder etwas aufzufüllen. Er fliegt zum kleinen Wäldchen und weiter an die nördliche Grenze seines Reiches. Schon von Weitem hört er ein Geräusch, das hier noch nie zu hören war. Er fliegt vorsichtig und langsam, denn man kann ja nie wissen was einem erwartet, weiter in die Richtung von der er das Rauschen ortet und in der sich sein Blaustreifenfischteich und der kleine nördliche Grenzfelsen befindet. Er staunt nicht schlecht als er dort angekommen vor einem fröhlich sprudelnden Wasserfall steht. Der Wasserfall mündet geräuschvoll in seinen Blaustreifenfischteich. Der starke Regen dürfte wohl ein Loch in das Gestein gespült und so die unterirdische Mündung des Flusses mit Geröll verschlossen haben. Nun plätschert er ungestüm über seinen Grenzfelsen. Die Fische freuen sich offensichtlich über die Abwechslung und springen den Wasserfall hinauf, um sich anschließend kopfüber in den Teich zu stürzen. Ein herrlicher Anblick und König Schnabelfroh schaut überaus fasziniert dem spielerischen Treiben seiner Fische zu. Blitzschnell kommt ihm eine geniale Idee und er fliegt schnurstracks zurück zur königlichen Voliere. Leise schleicht er in die Küche, gut dass Anton sein Leibkoch noch zu schlafen scheint, geht in die Vorratskammer und holt sich einen aus Draht geflochtenen Korb in dem Anton ansonsten die Fische zum trocknen aufhängt. So ausgerüstet fliegt er zurück zum kleinen Wasserfall. Seine Frau Rosaschnabel liebt kross gebratene Blaustreifenfische und mit diesen will er sie heute zum Frühstück überraschen, Reichsbesichtigung hin oder her, ein König muss tun was er tun muss. Er wartet den richtigen Zeitpunkt ab und beim vermeidlichen Kopfsprung der Fische in den Teich hält er einfach den Korb unter den Wasserfall. Kopfüber landen die verdutzen Fische im Drahtgestell. König Schnabelfroh, überaus stolz ob seines kreativen Einfalls und über den Fang schultert den Korb, wohlweislich hatte er seinen Reichsapfel zu Hause gelassen, und fliegt mit seiner reichlichen Beute zurück zur königlichen Voliere. Anton staunt nicht schlecht, als sein König ihm die Fische auf den Tisch stellt und ihn bittet sie zum Frühstück zuzubereiten. Müde macht er sich ans Werk, denn er ist heute etwas später aufgestanden, da er das königliche Frühstück bereits am Vortag vorbereitet hatte. Es sollte nämlich Würmchenaufstrich auf frischen Maisbrötchen, die er bereits in den Ofen gesteckt hatte, Feldsalädchen mit Nusstopping, Zucchini-Gazpacho und geräucherten Rosatupffisch geben. Gähnend schuppt er die Fische und der Gedanke, dass sein König möglicherweise nicht nur seine Gemahlin überraschen will, sondern selbst keine Lust auf Rosatupffisch hat, denn diese sollte er laut Königin Rosaschnabel figurtechnisch zu sich nehmen, lässt ihn nicht los. Doch der Wunsch seines Königs ist ihm Befehl und schon braten die Fische knuspernd in der Pfanne.

Aus meinem Buch BEONIMUS RABENBEIN – Klatsch & Tratsch

Waldemar von Piepschnabel-Eschenwalde

Der Samstagnachmittag ist für Waldemar Piepschnabel-Eschenwalde, der Tag an dem er sich im schönsten Nachmittagsausgehrock und gestylten Kopffedern in der Stadt zeigt. Er ist einer der Reichsten der Gemeinde, besitzt eine große Voliere samt angrenzendem Wald in der Vogelgemeinde Eschenwalde und bekleidet auch das ehrenvolle Amt des Obervogelmeisters. So spaziert er stolz mit seinem Gehstock die Flaniermeile entlang. Wie jeden Samstagnachmittag tummelt sich hier die Schickeria von Eschenwalde und Umgebung. Es ist ein sonniger Nachmittag und alle Lokale sind voll besetzt. Die Herren sitzen, sich über die neuesten Flugmodelle unterhaltend, bei einem Glas Hopfen- oder Traubensaft, während die Vogelmädchen die neuesten Modellkleider und -schuhe in den Boutiquen unter Augenschein nehmen. Lautes ausgelassenes Gehüpfe, Gefliege und Gezwitschere. Mitten durch das Getümmel stolziert erhobenen Hauptes Waldemar Piepschnabel-Eschenwalde. Herr Waldemar ist jedoch nicht nur um des Gesehen Werdens in die Stadt gekommen, er ist auch schon des längeren auf Brautschau. In seiner Voliere fühlt er sich trotz Personal etwas einsam. Weibliches Gezwitschere fehlt ihm und er findet seine Voliere viel zu aufgeräumt, nichts steht herum, keine Kräuterschale hier und kein getrocknetes Blumensträußchen dort. Auch in seinem Vogelband ist noch viel Platz für Tübchen, Cremedöschen, Duftfläschchen und rosa Federfärbepasta. Während er in Gedanken versunken bei einem Blumengeschäft in die Auslage starrt, sieht er in der Spiegelung des Fensterglases ein Mädchen mit wunderbaren rosa Brustfedern und der tollsten Gimpelfigur vorbeigehen. Er ist wie paralysiert. Das ist sie, denkt er sich, das ist meine Traumfrau. Er eilt in das Blumengeschäft und holt eine Duftbecherglockenblume, eine sehr seltene Wiesenblume, die hinter dem Geschäft von Herrn Blumenkorn gezüchtet wird. Das hübsche Gimpelmädchen hat sich mittlerweile im Eissalon „Naschamsel“ niedergelassen und schnäbelt an einem Erdbeereis. Er verneigt sich kurz, ihr die Blume hinreichend, und bittet Platz nehmen zu dürfen. Josefine Freifräulein von der Vogelwiese, so heißt das Gimpelmädchen, ist sehr erstaunt über so viel Etikette, zu viel denkt sie, aber nickt ihm freundlich auffordernd zu. Josy, so nennen sie alle, stammt aus einem verarmten Adelszweig. Die Familie „von der Vogelwiese“ besitzt nur noch den Namen, ansonsten wohnen sie in einer Vogelkolonie, die an die große Blumenwiese angrenzt. Beide kommen ins Gespräch und Waldemar Piepschnabel-Eschenwalde ist äußerst erfreut über die Zwitscherfreude und ihre ungezwungene Art und Wortwahl. Während Josy ohne Punkt und Komma ihm sein Leben vorzwitschert, sieht Herr Waldemar sie schon vor seinem geistigen Auge seine Voliere mit rosaroten Schälchen, Blümchen und Pölsterchen schmücken und mit ihrem lustigen Gezwitschere über die neueste Mode seinem Personal, das die Ruhe gewohnt war, auf die Nerven gehen.