Unveröffentlichte Episoden aus dem Reiche Himmelblau 2

Die Reichsapfelaffäre – Abreise mit Hindernissen

Früh am Morgen, auch die Lappeenrantas sind bereits aufgestanden, sitzen sie gemeinsam beim Frühstück. Alle möchten natürlich die Jungs gebührend verabschieden. Florinda und Tarja haben ihnen gemeinsam ein Bild gemalt auf denen Friedrich und Balduin bei der Reichsapfelernte zu sehen sind. Heide von Röschen hatte bereits gestern Abend, nach einigen Diskussionen und Widerreden der Burschen, dann doch die Rucksäcke fertig gepackt und diese in der Eingangshalle deponiert. Die Fischblasenbälle für die täglichen Flügelspiel-Übungen, auf die besonders Friedrich nicht verzichten wollte, hat sie Baron Wangenrot übergeben und ihn gebeten sich darum zu kümmern, denn im Gepäck der Jungs sei kein Platz mehr, hatte sie trocken gemeint und ihn verdutzt stehen gelassen. Nach dem Frühstück sind alle Abflugbereit. Birger wartet aufgeregt, die Karte studierend, in der Eingangshalle auf die anderen. Königin Rosaschnabel umarmt ihre Jungs heftig glückwünschend mit ein paar Tränchen die ihr über den Schnabel laufen, denn ihre Jungs waren noch nie solange weg gewesen und Schnabelfroh gibt ihnen noch ein paar wichtige Tipps und spricht einige ermahnende Worte. Florinda und Tarja verstauen sorgsam ihr Bild noch in Friedrichs Rucksack und Finnja steckt Birger ein paar selbstgebackene „Korvapuusti“ zu, um die Reise etwas zu versüßen, denn Zimt meint sie lächelnd, hält bei Laune. Birger verstaut sie griffbereit ganz oben in seinem Rucksack. Nun ist es soweit und alle schnallen sich ihre Rucksäcke auf den Rücken. Im Tumult ist niemanden aufgefallen, dass Baron Wangenrot noch nicht zugegen ist. Erst als mit einem lauten Pfiff er prustend und schnaubend mit zwei Rucksäcken, einen Ball links und einen rechts unter den Flügel geklemmt, denn Dritten am Schnabel balancierend in die Eingangshalle gestürzt kommt, fällt es den anderen auf. Lachend, denn man sollte sich das Szenario einmal vorstellen, empfangen sie den aufgelösten Baron Wangenrot, der seinem Namen wieder einmal alle Ehre macht. Schwitzend wirft er seine Rucksäcke auf den Boden und entschuldigt sich wegen seiner Verspätung, jedoch nicht ohne darauf hinzuweisen, dass Heide von Röschen daran schuld sei, denn sie hätte ihm die Bälle einfach ohne zu Frage übergeben und er sei damit restlos überfordert. Dass er zwei Rucksäcke benötige liege daran, meint er und etwas Schamesröte steigt ihm in die Wangen die sie noch röter erscheinen lassen, läge daran, dass er ja das Reich Himmelblau repräsentieren müsse und sich deshalb standesgemäß kleiden und herauszuputzen habe. Den wahren Grund des zweiten Rucksackes verheimlicht er geflissentlich. Schnabelfroh, ganz majestätisch und wohl wissend beruhigt ihn, aber nicht ohne sich ein Lächeln verkneifen zu können. Schnell hat er eine Lösung parat und ruft nach Johannes von und zu Beere, der gerade im Garten seine neue Hortensien-Züchtung begutachtet. „Beere kommen Sie einmal her. Die Hortensien wachsen auch ohne Sie“, meint er scherzend. Johannes von und zu Beere folgt etwas pikiert dem Befehl seines Königs und erscheint mit Gartenschürze in der Eingangshalle. „Herr von und zu Beere“, beginnt Schnabelfroh, “ich habe beschlossen, dass Sie die Reisegesellschaft begleiten sollten, da Sie ja als Haushofmeister nebst Baron Wangenrot hier am Hof eine wichtige Position bekleiden. Packen Sie rasch einen Rucksack und achten Sie darauf nicht zu viel mitzunehmen, denn sie dürfen Wangenrots zweiten Rucksack mitnehmen, denn der enthält einen wichtigen Inhalt, Staatgeschäfte, Sie verstehen“, erklärt er sich das lachend verkneifend. Baron von und zu Beere fühlt sich geehrt über so viel Verantwortung und verlässt rasch die Eingangshalle, um dem Befehl seines Königs nachzukommen und den Rucksack zu packen. Wangenrots Gesichtsfarbe ist bereits in ein tiefes Rot getaucht, denn er hat sich zu Recht von seinem König ertappt gefühlt. Es dauert nicht lange und Herr von und zu Beere ist startbereit. Seinen Rucksack am Rücken, darauf seinen Zylinder geschnallt, erscheint er in der Eingangshalle. Nun noch Wangenrots Rucksack vor dem Bauch befestigt und er ist fertig. Jeder der Jungs montiert sich noch einen Ball auf den Rücken und Wangenrot muss, zur Strafe auch einen transportieren. So fliegt die illustre Gesellschaft unter Zwitschern und Abschieds-Gepfeife los in Richtung „Weitweg“.

Unveröffentlichte Episoden aus dem Reiche Himmelblau 1

Die Reichsapfelernte – Reisevorbereitungen

Im Reiche Himmelblau herrscht reges Treiben und helle Aufregung. Heide von Röschen ist besonders in Hektik und hat wieder einmal ihr „gutes“ Schuhwerk, die Turnschuhe ausgepackt, die sie ansonsten nur für die ausgiebigen Shoppingtrips ihrer Majestät Königin Rosaschnabel zu tragen pflegt. Gestern haben nämlich König Schnabelfroh und seine Minister beschlossen die Zwillingssöhne, Friedrich und Balduin, zur Schulung des königlichen Nachwuchses, ins Land „Weitweg“ zu schicken. Dort sollen sie an der Reichsapfelernte teilnehmen und die Lieferanten der kostbaren Ware, der königlichen Insignien, kennenlernen. Baron Wangenrot wurde angehalten die beiden als Apfelmeister und Kenner der Materie auf dem langen Weg zu begleiten. Der Hinflug dauert eine ganze Woche und so ist auch Birger dazu verpflichtet worden der Reisegesellschaft zu folgen, denn er ist der beste Jäger am Hof und somit verantwortlich für die Verpflegung der Truppe. Schon morgen soll es losgehen. König Schnabelfroh hat schon frühmorgendlich seinen Kurier und Meister im Langstreckenflug, Adam Kuckuck losgeschickt, um die Gefolgschaft in „Weitweg“ anzukündigen und sich dort um standesgemäße Unterkünfte zu kümmern. Heide von Röschen ist für das Gepäck der Burschen verantwortlich und das ist nicht einfach. Mit Schweißperlen auf der Stirn betrachtet sie ratlos den Haufen an Klamotten und Spielzeug, den ihr die beiden auf ihre Betten geworfen haben. Das passt auf keinen Fall in zwei Rucksäcke, reüssiert sie und wischt sich mit ihrem, mit Heideröschen verzierten Taschentuch, das ihr Rupertus zum Jahrestag geschenkt hatte, die immer mehr werdenden Schweißperlen vom Schnabel. Sie wühlt in den achtlos durcheinander geworfenen Kleidungsstücken und versucht vorerst einmal Ordnung in die Dinge zu bringen. Sie sortiert, gustiert, legt sorgsam eines auf das andere und hängt Unnötiges wieder zurück in den Kasten. Die beiden brauchen flugtaugliche Reisekleidung, königliches Outfit für den Empfang und die Besprechungen mit den Apfelverantwortlichen und bequeme Apfelpflückkleidung. Röschen rauft sich die Federn, denn es ist nicht leicht alles Nötige in jeweils einen Rucksack zu packen. Währenddessen ist Baron Wangenrot ebenfalls am Packen. Seine größte Sorge ist es, wie er denn seinen geheimen Reiseproviant noch mit verstauen und sein Unterfangen vor seiner Gattin geheim halten könnte. Er isst leidenschaftlich gerne und kann sich nicht vorstellen, sich während der Reise nur von ordinärem Fisch zu ernähren. Birger hingegen ist guter Dinge und freut sich schon auf das Abenteuer, denn er ist noch nicht weit über die Grenzen des Reiches hinausgekommen und schon sehr neugierig. Intensiv studiert er die Karte mit der eingezeichneten Reiseroute, die ihm Baron Wangenrot feierlich überreicht hatte und notiert Flugzeiten bis zu den jeweiligen Teichen für die Versorgung der Truppe. Alles easy, denkt er sich und steckt die Karte in die Außentasche seines Rucksackes.

Aus meinem Buch BEONIMUS RABENBEIN erzählt „Seemannsgarn & Küchenlatein“

Petri Heil

Schon früh am Morgen macht sich König Schnabelfroh auf zur allwöchentlichen Reichsbesichtigung. Er schultert seinen Reichsapfel, rückt seine Krone zurecht und fliegt los. Am Vortag hatte es ein heftiges Gewitter gegeben und der Wasserstand seiner Teiche ist heute besonders hoch. Der kleine Rosatupffischteich ist sogar etwas über die Ufer getreten. Der wundervoll blaue und wolkenlose Himmel verheißt wieder tolles Bade- und Fischfangwetter. Noch stehen kleine Nebelschwaden und Schwärme von Mücken über den Teichen und seine Fische laben sich am reich gedeckten Tisch. Fröhlich springen sie aus dem Wasser und nehmen ihr frühmorgendliches Mückenfrühstück ein. König Schnabelfroh notiert: Hoffischfangjäger mit dem Fischfang am Rotstreifenfischteich beauftragen, um die königliche Vorratskammer wieder etwas aufzufüllen. Er fliegt zum kleinen Wäldchen und weiter an die nördliche Grenze seines Reiches. Schon von Weitem hört er ein Geräusch, das hier noch nie zu hören war. Er fliegt vorsichtig und langsam, denn man kann ja nie wissen was einem erwartet, weiter in die Richtung von der er das Rauschen ortet und in der sich sein Blaustreifenfischteich und der kleine nördliche Grenzfelsen befindet. Er staunt nicht schlecht als er dort angekommen vor einem fröhlich sprudelnden Wasserfall steht. Der Wasserfall mündet geräuschvoll in seinen Blaustreifenfischteich. Der starke Regen dürfte wohl ein Loch in das Gestein gespült und so die unterirdische Mündung des Flusses mit Geröll verschlossen haben. Nun plätschert er ungestüm über seinen Grenzfelsen. Die Fische freuen sich offensichtlich über die Abwechslung und springen den Wasserfall hinauf, um sich anschließend kopfüber in den Teich zu stürzen. Ein herrlicher Anblick und König Schnabelfroh schaut überaus fasziniert dem spielerischen Treiben seiner Fische zu. Blitzschnell kommt ihm eine geniale Idee und er fliegt schnurstracks zurück zur königlichen Voliere. Leise schleicht er in die Küche, gut dass Anton sein Leibkoch noch zu schlafen scheint, geht in die Vorratskammer und holt sich einen aus Draht geflochtenen Korb in dem Anton ansonsten die Fische zum trocknen aufhängt. So ausgerüstet fliegt er zurück zum kleinen Wasserfall. Seine Frau Rosaschnabel liebt kross gebratene Blaustreifenfische und mit diesen will er sie heute zum Frühstück überraschen, Reichsbesichtigung hin oder her, ein König muss tun was er tun muss. Er wartet den richtigen Zeitpunkt ab und beim vermeidlichen Kopfsprung der Fische in den Teich hält er einfach den Korb unter den Wasserfall. Kopfüber landen die verdutzen Fische im Drahtgestell. König Schnabelfroh, überaus stolz ob seines kreativen Einfalls und über den Fang schultert den Korb, wohlweislich hatte er seinen Reichsapfel zu Hause gelassen, und fliegt mit seiner reichlichen Beute zurück zur königlichen Voliere. Anton staunt nicht schlecht, als sein König ihm die Fische auf den Tisch stellt und ihn bittet sie zum Frühstück zuzubereiten. Müde macht er sich ans Werk, denn er ist heute etwas später aufgestanden, da er das königliche Frühstück bereits am Vortag vorbereitet hatte. Es sollte nämlich Würmchenaufstrich auf frischen Maisbrötchen, die er bereits in den Ofen gesteckt hatte, Feldsalädchen mit Nusstopping, Zucchini-Gazpacho und geräucherten Rosatupffisch geben. Gähnend schuppt er die Fische und der Gedanke, dass sein König möglicherweise nicht nur seine Gemahlin überraschen will, sondern selbst keine Lust auf Rosatupffisch hat, denn diese sollte er laut Königin Rosaschnabel figurtechnisch zu sich nehmen, lässt ihn nicht los. Doch der Wunsch seines Königs ist ihm Befehl und schon braten die Fische knuspernd in der Pfanne.

Aus meinem Buch BEONIMUS RABENBEIN erzählt „Seemannsgarn & Küchenlatein“

Spätsommer in Federritz

Die idyllische Stadt Federritz liegt direkt an der Küste Frankreichs. Dort leben Charlotte und Friederike. Sie sind beste Freundinnen schon seit der Schulzeit, denn ihr kleiner Makel pummelig zu sein, hat die beiden schon in der ersten Klasse zusammengeschweißt. „Wir gegen den Rest der Welt“, war und ist ihr Credo. Heute gehören sie zu den bestangezogenen und meist bewunderten Fräuleins der ganzen Stadt. Ihr wohl behütetes Geheimnis ist Fräulein Adele, die ihr Geschäft in einer der schmalen Seitengassen abseits der Shoppingmall ihr Eigen nennt. Mit frisch poliertem Schnabel, gelackten Krallen und auf das Feinste herausgeputzt, ganz Fashionista mäßig, machen sich die beiden auf den Weg. Heute ist der erste Tag des alljährlichen Summer Sale und da ist es ein absolutes Must sich in der Stadt, an der der Seeuferpromenade, sehen zu lassen. Schon ganz früh am Morgen treffen sich die beiden an ihrem angestammten Treffpunkt, denn sie leben circa zehn Flugminuten voneinander entfernt. Charlotte eingehüllt in einen grünen, getupften Jumpsuit mit farblich abgestimmten Accessoires und Friedericke in einem Hauch von rotgefüttertem Netzkleidchen und einer Tasche, die einen frischen Kontrapunkt zu dem Outfit setzen soll. So gestylt und fröhlich zwitschernd fliegen sie in die Stadt. Dort ist noch alles ruhig, nur die Lieferanten sind schon auf dem Weg, um ihre Ware auszuliefern. Sie fliegen über den noch leeren Kirchplatz und biegen in eine kleine, dunkle Gasse ein. Bei einem unscheinbaren Geschäft, das von außen etwas heruntergekommen wirkt, machen sie halt und läuten an der Türglocke. Die Tür öffnet sich und Fräulein Adele, eine schick herausgeputzte Mitvierzigerin, öffnet ihnen freudig lächelnd. Schon beim Eintreten in die prunkvollen Räumlichkeiten bleibt den beiden der Atem stocken, denn auf Regalen, die sich durch die Last der vielen Stoffballen nur so biegen, liegen die prachtvollsten Stoffe. Aus den Laden hängen fein säuberlich aufgereiht, Spitzen und Bänder gefertigt aus unterschiedlichsten Materialien, Farben und Macharten. Die beiden sind wieder einmal überwältigt vor sie viel Fülle, Schönheit und Eleganz, die den Duft der weiten Welt förmlich greifbar machen. Fräulein Adele bietet ihnen, um die beiden etwas zu beruhigen, einige herrliche Wurmsushis, Canapés belegt mit Lachstatar und frische Austern an. Dazu serviert sie ein Gläschen Prosecco zur Entspannung. Fräulein Adele hat sich wieder einmal selbst übertroffen, denn die Stoffe die sie in Italien bei Servace DEM Modedesigner gekauft hat, sind bereits aus der nächstjährigen Sommerkollektion. Charlotte und Friederike erkennen sie sofort, denn in der letzten Ausgabe der Cosmopolitan wurden sie ausgiebig präsentiert. Fräulein Adele nimmt sofort Maß und lobt die beiden, da ihr Hüftumfang unverändert und sie nun sofort mit den schon notierten Maßen ans Werk gehen kann. Vorerst drapiert sie außerordentlich professionell diverse Stoffe um die Körper der beiden und bespricht die Schnitte, natürlich die für die kommende Saison. Ganz im Trend lägen weich fallende Jerseykleider und weite Hosenanzüge, meint sie. Die beiden sind begeistert und Charlotte entscheidet sich spontan für ein Kleid, Friederike, überaus selig, für den Hosenanzug. Während sich Fräulein Adele frisch ans Werk macht, ihre Nähmaschine in Gang setzt und zu nähen beginnt, können sich die beiden fröhlich snackend, an der neuesten Kollektion an Handtaschen von Alfonso die Mano und Schuhen von Gianni di Piede verlustieren. Nach einigen Anproben und weitern Gläschen Prosecco sind die Kleidungstücke fertig. „Ein absolutes Träumchen“, schwärmen die beiden und ausgestattet mit passenden Accessoires verlassen die sie frisch herausgeputzt und äußerst fröhlich den kleinen Laden Adeles. Ein ganzer Monatslohn ist über den Ladentisch gewandert, den sich die beiden vom Urlaubsgeld abgespart haben. Sie fliegen auf den Kirchplatz in Richtung Seepromenade, gerade zur richtigen Zeit, denn die Straßencafé sind bereits gefüllt mit einkaufslustigen Mädchen und deren Verehrer. Man kann sich die erstaunten Gesichter und die offenen Schnäbel der anderen vorstellen, als Charlotte und Friederike betont langsam und vornehm, mit den Schwanzfedern wackelnd, die Promenade entlang stöckeln. Wieder einmal sind sie der Hingucker der ganzen Stadt und Sebastian Fink, Klatschreporter der Stadtzeitung „Federritz aktuell“, kann nicht umhin die beiden posierenden Mädels ins rechte Licht zu rücken. Er fotografiert und notiert sich alle Einzelheiten und die beiden verstehen ihn bei Laune zu halten. Über die Frage, woher sie die wundervollen Kreationen haben, halten sie jedoch still, denn das bleibt ihr wohlbehütetes Geheimnis.

Aus meinem Buch BEONIMUS RABENBEIN erzählt „Seemannsgarn & Küchenlatein“

Ferdi der Termitenschreck

Die junge Königin Sofia, von ihrem Volk liebevoll Sofal genannt, hat vier Kinder, Drillinge und Ferdinand, der erst vor kurzem das Licht der Welt erblickt hatte. Alles Jungs, die ihrem Mann König Leo wie aus der Feder geschnitten ähnlichsehen. Zu gerne hätte sie ein Mädchen, denn die ungestümen Jungs halten sie den ganzen Tag auf Trab. An eine Shoppingtour in die nächstgelegene königliche Hauptstadt ist derzeit überhaupt nicht zu denken. Heute ist Montag und ihr Gemahl auf Reichsbesichtigung und Handelsbesprechung, so beschließt sie mit Ferdi, der eigentlich Ferdinand heißt, und den Jungs vor der königlichen Voliere dem Kleinen das richtige Bedienen der Flügel beizubringen. Ferdi ist ganz aufgeregt und flattert heftig flügelschlagend neben den anderen her. Auf diesen Tag hat er schon lange gewartet, denn er will auch endlich mit seinen Brüdern die Umgebung erkunden und nicht tagtäglich mit seinem Kindermädchen Tischdeko basteln, denn das ist die Passion seiner Nanny. Die hatte nämlich vorher die ehrenvolle Aufgabe sich täglich und vor allem bei den höfischen Banketten, um die Tischgestaltung zu kümmern. Diesen Beruf liebt sie mehr und so kommt Ferdi täglich in den Genuss Blätter zu Krönchen zu falten, Zweige mit Blümchen zu dekorieren und Vasen in kunstvolle Gestecke zu verwandeln. Sofia klettert mit ihren Jungs hoch in die erste Etage der Voliere, denn aus dieser Höhe ist es für Ferdi leichter und ein etwaiger Absturz nicht gefährlich. Sie ist guter Dinge, denn das selbe Prozedere hatte sie schon mit ihren Drillingen und das war für sie nicht die leichteste Übung, denn drei wilde Jungs im Auge zu behalten bedarf schon einer ausgeklügelten Logistik. So klettert sie vergnüglich mit ihren Jungs den Ast bis zur ersten Etage hinauf. Dort wo ein besonders biegsamer Ast hinausreicht, denn das ist das Sprungbrett für den kleinen Schwimm- und Fischfangteichteich, den Sofia schon vorsorglich am Vortag hat zudecken lassen, von dort aus soll Ferdi mit seinen Flugübungen beginnen. Zuerst fliegt Tadeus, der älteste der Drillinge weg und landet mit kleinen Pirouetten auf der Wiese neben dem Teich. Dann startet Gustav, fliegt hoch hinauf, um im Sturzflug nach unten zu fliegen, und auch er landet geschickt auf der Wiese. Mit offenem Schnabel beobachtet Ferdi gespannt und aufmerksam seine Brüder. Anschließend flattert der Jüngste der Drillinge Berthold zum obersten Ast der Voliere, fliegt los und segelt gekonnt zu seinen Brüdern auf die Wiese. „Nun du Ferdi“, meint Sofia sanft, „nicht so stürmisch wie deine Brüder. Einfach mit den Flügeln schlagen und dann mit kleinen Flügelbewegungen landen.“ Ferdi trippelt langsam seitlich den Ast entlang bis ganz an dessen Ende. Dort steht er und blickt aufgeregt zu seinen Brüdern nach unten, die ihn unter heftigen Gezwitscher und aufmunternden Worten anfeuern. Ferdi spreizt die Flügel, stoßt sich mit seinen Beinchen ab und fliegt unter heftigem Flattern los. Er fliegt und fliegt und fliegt, bis über die Köpfe seiner Brüder hinweg. Sofia ruft ihm zu nun doch seine Flügelbewegungen zu verlangsamen und endlich zu landen. Doch Ferdi kann vor Aufregung den Befehlszwitscherer seiner Mutter nicht hören. Er flattert so heftig, dass schon seine Flügel langsam zu schmerzen beginnen. An sanfte Landung ist jetzt nicht mehr zu denken. Ferdi schließt die Augen und macht es seinem Bruder Gustav gleich. Er senkt den Kopf, legt seine Flügel dicht an den Körper und im Sturzflug geht’s abwärts. Mit einem lauten Knirschen landet Ferdi unsanft am Boden. Als er die Augen öffnet findet er sich kopfüber mit dem Schnabel in einem Termitenhaufen steckend und natürlich wortlos, was sonst. Gut, dass seine Familie seinen Flugübungen gefolgt ist und ihn gleich gefunden hat, denn um Hilfe zwitschern hätte er in seiner misslichen Lage nicht gekonnt. Sofia zieht ihren Kleinen, unter heftigem Gelächter seiner Brüder, aus dem Haufen und putzt ihm liebevoll seine Kopffedern. „Nicht schlecht für den Anfang“, zwitschert sie und muss sich auch das Lachen zurückhalten. „Du wirst mit Sicherheit ein guter Fischjäger, denn den einzigen Termitenhaufen in der Gegend zu treffen ist auch eine Kunst.“ Noch heftig Prustend fliegen die Fünf zurück zur königlichen Voliere. Ab diesem Tag wird Ferdi von seinen Brüdern nur noch Termitenschreck genannt und Ferdi gefällt das außerordentlich. Jetzt soll doch die Nanny ihre Basteleien selber machen, denkt er sich glücklich, denn er will üben, um der beste Fischjäger im ganzen Königreich zu werden.

Aus meinem Buch BEONIMUS RABENBEIN erzählt Klatsch & Tratsch

Karlsson und Finnegan
In einem Land, in der die Sprache genauso schwer zu verstehen ist wie die Anzahl der Mücken zu zählen, wohnen in einem kleinen Kiefernwäldchen Karlsson und Finnegan mit ihrer Großfamilie in einem komplexen Erdbau. Karlsson ist der Älteste der Brüder und alle anderen Geschwister sind Mädchen. So haben sich Karlsson und Finnegan, der in der Familie der Jüngste ist, solidarisch zusammengeschlossen, denn zwei Brüder müssen zusammenhalten, meint Karlsson. Er hat so seine eigene Strategie entwickelt, um dem Mädchenvolk in seiner Familie aus dem Weg gehen zu können, denn die tagtäglichen nicht enden wollenden Gespräche und Diskussion über Fell- und Nagelpflege, Nasenpolitur und Lippenbalsam gingen ihm schön langsam kräftig auf die Nerven. So hat er begonnen sich hauptsächlich und intensiv mit dem Phänomen „Fliegen“ zu beschäftigen. Der Grund, dass er sich damit beschäftigt, ist mitunter auch sein Name, den seine Eltern, nachdem sie im Kino den Film, „Karlsson vom Dach“, gesehen, für ihn ausgesucht hatten. Da in diesem Film der kleine Karlsson fliegen kann, will auch er das Fliegen erlernen. So ist er ganz froh, als Finnegan zur Welt kam, denn zu zweit macht alles viel mehr Spaß. Die beiden wurden sofort beste Brüder und unzertrennlich. Karlsson lernt Finnegan alle lebensnotwendigen Tricks, um in der Mädchenschar halbwegs ungeschoren über die Runden zu kommen, und ohne zu einem Versuchskaninchen für die neuesten Schminkproben zu mutieren. So haben die beiden Zeit, sich mit dem Fliegen zu beschäftigen. Karlsson hat schon lange eine Idee, wie es gelingen könnte. Er will und meint ganz fest, dass es funktionieren könnte, seinen Schwanz als Propellermotor benutzen. Er bindet mit Hilfe von Finnegan seinen Schwanz ganz nach oben und befestigt am Ende eine propellerartige Konstruktion, die er gemeinsam mit Finnegan aus den Kunststoffresten der Lippenstiftverpackungen seiner Schwestern gebastelt hatte. Ein kräftiger Windstoß soll den Propeller zum Drehen bringen und er würde dann mit lassoartigen Bewegungen seines Schwanzes, den Propeller am Laufen halten. Leider scheitern seine Versuche immer wieder daran, dass er nicht genug Höhe gewinnen kann. Entweder liegt es daran, dass der Windstoß zu schwach ist, seine Lassobewegungen nicht schnell genug sind oder er zu viel gegessen hat. Sie können leider die Ursache dafür nicht eruieren. Fakt ist, Karlsson hebt zwar ab, landet jedoch immer wieder, Schnauze in die Erde bohrend, am Boden. Finnegan findet das sehr lustig und wälzt sich jedes Mal Bauch haltend und prustend am Boden und meint, dass er eher wie eine Wühlmaus aussehe als wie eine gewöhnliche Feldmaus. Ab sofort nennt Finnegan seinen Bruder scherzhaft Karlsson Wühlpilot und Karlsson findet das so lustig, dass er seinen Bruder bittet Fotos zu machen und die besten auf mausbook zu posten. Schnell wurde Karlsson, der Überflieger im virtuellen Netz und vergisst völlig, dass er eigentlich fliegen wollte, denn jetzt probt er die besten und lustigsten Abstürze.

Aus meinem Buch BEONIMUS RABENBEIN – Klatsch & Tratsch

Waldemar von Piepschnabel-Eschenwalde

Der Samstagnachmittag ist für Waldemar Piepschnabel-Eschenwalde, der Tag an dem er sich im schönsten Nachmittagsausgehrock und gestylten Kopffedern in der Stadt zeigt. Er ist einer der Reichsten der Gemeinde, besitzt eine große Voliere samt angrenzendem Wald in der Vogelgemeinde Eschenwalde und bekleidet auch das ehrenvolle Amt des Obervogelmeisters. So spaziert er stolz mit seinem Gehstock die Flaniermeile entlang. Wie jeden Samstagnachmittag tummelt sich hier die Schickeria von Eschenwalde und Umgebung. Es ist ein sonniger Nachmittag und alle Lokale sind voll besetzt. Die Herren sitzen, sich über die neuesten Flugmodelle unterhaltend, bei einem Glas Hopfen- oder Traubensaft, während die Vogelmädchen die neuesten Modellkleider und -schuhe in den Boutiquen unter Augenschein nehmen. Lautes ausgelassenes Gehüpfe, Gefliege und Gezwitschere. Mitten durch das Getümmel stolziert erhobenen Hauptes Waldemar Piepschnabel-Eschenwalde. Herr Waldemar ist jedoch nicht nur um des Gesehen Werdens in die Stadt gekommen, er ist auch schon des längeren auf Brautschau. In seiner Voliere fühlt er sich trotz Personal etwas einsam. Weibliches Gezwitschere fehlt ihm und er findet seine Voliere viel zu aufgeräumt, nichts steht herum, keine Kräuterschale hier und kein getrocknetes Blumensträußchen dort. Auch in seinem Vogelband ist noch viel Platz für Tübchen, Cremedöschen, Duftfläschchen und rosa Federfärbepasta. Während er in Gedanken versunken bei einem Blumengeschäft in die Auslage starrt, sieht er in der Spiegelung des Fensterglases ein Mädchen mit wunderbaren rosa Brustfedern und der tollsten Gimpelfigur vorbeigehen. Er ist wie paralysiert. Das ist sie, denkt er sich, das ist meine Traumfrau. Er eilt in das Blumengeschäft und holt eine Duftbecherglockenblume, eine sehr seltene Wiesenblume, die hinter dem Geschäft von Herrn Blumenkorn gezüchtet wird. Das hübsche Gimpelmädchen hat sich mittlerweile im Eissalon „Naschamsel“ niedergelassen und schnäbelt an einem Erdbeereis. Er verneigt sich kurz, ihr die Blume hinreichend, und bittet Platz nehmen zu dürfen. Josefine Freifräulein von der Vogelwiese, so heißt das Gimpelmädchen, ist sehr erstaunt über so viel Etikette, zu viel denkt sie, aber nickt ihm freundlich auffordernd zu. Josy, so nennen sie alle, stammt aus einem verarmten Adelszweig. Die Familie „von der Vogelwiese“ besitzt nur noch den Namen, ansonsten wohnen sie in einer Vogelkolonie, die an die große Blumenwiese angrenzt. Beide kommen ins Gespräch und Waldemar Piepschnabel-Eschenwalde ist äußerst erfreut über die Zwitscherfreude und ihre ungezwungene Art und Wortwahl. Während Josy ohne Punkt und Komma ihm sein Leben vorzwitschert, sieht Herr Waldemar sie schon vor seinem geistigen Auge seine Voliere mit rosaroten Schälchen, Blümchen und Pölsterchen schmücken und mit ihrem lustigen Gezwitschere über die neueste Mode seinem Personal, das die Ruhe gewohnt war, auf die Nerven gehen.

Aus meinem Buch BEONIMUS RABENBEIN „Seemannsgarn & Küchenlatein“

Die Möwe Arndt

In dem schönen Nordseestädtchen Lübeck wohnt Arndt. Er ist Innenarchitekt und nennt sich Monsieur Arndt le Ensemblier, weil sich das viel stylischer anhört und bei seinen Kunden, die meisten gehören zu der oberen Möwengesellschaft, für Anerkennung und Respekt sorgt. Sein Credo, Farben sind nur Ablenkung vom Wesentlichen. So richtet er die Appartements hautsächlich in schwarz und weiß ein. Nur manchmal lässt er sich dazu hinreißen, wenn es architektonisch nicht anders möglich ist, auch einmal grau zu verwenden. Er hat viele Kunden, denn schwarzweiß liegt derzeit im Trend und gilt als das absolute Must in der High Society. Wer etwas von sich hält, geht mit seinen Wünschen zu Arndt. Arndt selbst stammt aus einer Großfamilie, in der es immer sehr turbulent zuging. Er hat fünf Geschwister, alles Mädchen die, so wie halt Mädchen einfach sind, sich gerne mit den buntesten Farben umgeben. Ganz besonders rosa war in ihrer Behausung ganz stark vertreten. Darum ist für Arndt die Farbe rosa ein absoluter Gräuel. Selbst beim Essen verzichtet er auf Farbe. Am Liebsten isst er Tintenfischlinguine mit Sahnesauce, darüber etwas Parmesan. Wenn er Obst isst, besorgt er sich entweder Liechti, oder geschälten Apfel und Birne. Er verwendet nur Weißbrötchen, auch wenn sie nicht wirklich weiß sind, aber über diesen Makel sieht er hinweg, Hauptsache sie heißen so. Er badet gerne im Meer, um sich anschließend von der Sonne trocknen zu lassen, denn Salz und Sonne bleichen und er will, dass sein Gefieder ganz weiß ist. Seine Beine und Krallen pflegt er mehrmals täglich mit Tintenfischsalbe, um sie schwärzer und glänzender aussehen zu lassen. Sein Appartement ist selbstverständlich nur in Schwarz und Weiß gehalten. Er bedauert es sehr, dass er nicht in Florida leben kann, denn in Sarasota, das hat er gelesen, gibt es absolut weißen Sand. Der soll so weiß sein, dass er auch bei der ärgsten Hitze sich immer noch kühl anfühlt. Manchmal hadert er sehr mit seinem Schicksal hier in Lübeck aus dem Ei geschlüpft zu sein. Natürlich trägt er ständig eine ganz dunkle Sonnenbrille, auch des Nachts, denn die Farben würden sonst sein stylisches Auge beleidigen. Manchmal, wenn ihm sein Essen sozusagen beim Schnabel heraushängt, denn so viele Speisen in Schwarzweiß gibt es dann doch nicht, wagt er sich in ein ganz besonderes Lokal, denn dort isst man im Dunklen. Wenn er es nicht sehen muss, den Kompromiss geht er ein, schmecken ihm die Speisen vorzüglich. Heute ist wieder so ein Tag, an dem ihm kochtechnisch nichts mehr Kreatives einfällt. Er beschließt das Lokal „Dunkelkammer“ aufzusuchen, um dort das Abendmahl einzunehmen. Dort trifft sich auch die High Society von Lübeck und Umgebung und vielleicht kann er da noch nebenbei ein paar Geschäfte lukrieren. Er cremt seine Beine und Krallen mit Tintenfischcreme, setzt seine Sonnenbrille auf und macht sich auf den Weg. Schon beim Betreten des Lokals fühlt er sich ganz in seinem Element, endlich keine Farben mehr. Er wird von einer freundlichen Bedienung zum Tisch geführt, an dem offensichtlich schon eine weitere Dunkelesserin sitzt, denn sie begrüßt ihn mit einem freundlichen „moin, moin“, mit englischem Akzent. Was serviert wird, ist natürlich eine Überraschung und wird nicht mitgeteilt, denn das ist auch der Sinn der Sache. Die freundliche Kellnerin bringt gleich ein Getränk und stellt die Vorspeise ein. Bevor er zu essen beginnt, stellt er sich selbstverständlich, weil es sich so gehört und weil sie möglicherweise an einer Umgestaltung ihres Appartements interessiert sein könnte, vor. „Arndt le Ensemblier, Innenarchitekt“. „Abigail, Tourist Guide, Reiseführerin, aus Amerika, antwortet sie in ihrem schönsten deutsch mit amerikanischen Slang“. „Darf ich sie fragen woher genau Sie kommen“, frägt Arndt sie neugierig. „Desota, Floridas Westküste, genau genommen aus Sarasota“. Fast wäre Arndt vom Stuhl gefallen, als er das hört und um nicht die Kontenance zu verlieren, trinkt er schnell einen Schluck. Man kann sich vorstellen, dass Arndt sehr viele Fragen hatte und der Abend für ihn und offensichtlich auch für Abigail, ein sehr Gelungener war. Sie haben sich ausgemacht genau in einem Monat, denn da würde sie wieder mit einer Reisegruppe auf Nordseetour sein und in Lübeck Zwischenstation machen, sich wieder hier in der „Dunkelkammer“ zu treffen. Dieser Monat war für Arndt gefühlt viel länger als die anderen Monate zuvor. Wer ist dieses Mädchen aus Sarasota mit der wunderbaren Stimme, diese Frage ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Endlich, der Monat ist vorbei und der besagte Abend steht vor der Tür. Bereits am Nachmittag hat er ein ausgiebiges Meeressonnenbad genommen und seine Beine und Krallen noch sorgfältiger eingecremt als sonst. Er kann es kaum erwarten bis es Abend wird. Nervös stolziert er in seinem Appartement hin und her, betrachtet sich im Spiegel, zupft mal hier und mal da an seinen Federn und probiert jede Sonnenbrille seiner Sonnenbrillenkollektion. Endlich ist es Abend, ein kurzer Blick in den Spiegel und los geht’s. Die Kellnerin führt ihn zum Tisch, den sie bereits vor einem Monat reserviert hatten. „Moin, moin, Arndt“. Da ist sie wieder, die wundervolle Stimme des wundervollsten Mädchens aus Sarasota, denkt sich Arndt und sein Möwenherz fängt an Kapriolen zu schlagen. Der Abend war, wie nicht anders zu erwarten, traumhaft und da Abigail das offensichtlich auch so empfand, war sie einem weiteren Treffen nicht abgeneigt, denn Arndt hat sie für den kommenden Abend zu sich nach Hause eingeladen. Er würde kochen, etwas ganz Exquisites, hatte er ihr versprochen. Den nächsten Tag verbrachte Arndt mit polieren seiner Wohnung und sich selbst. Mit Kochvorbereitungen, natürlich wird es seine Lieblingsspeise geben, Tintenfischlinguine mit Rahmsauce und zur Feier des Tages, mit Champignontopping und einer Prise Parmesan. Als Vorspeise frische Austern und als Nachspeise Schokoladenmousse aus der dunkelsten Schokolade die er bekommen konnte. Als Tischdekoration hat er noch schnell vom Markt schwarze und weiße Stockrosen besorgt und fein säuberlich in eine weiße Vase drapiert, die er gerade noch auf seinen schwarzen Granittisch stellen konnte, als es auch schon an der Tür klopft. Nervös setzt er seine stylishste Sonnenbrille auf, blickt kurz in den Spiegel und öffnet zaghaft die Tür. „Moin, moin Arndt, ich freue mich dich zu sehen“, englischt freudig Abigail und streckt ihm einen Strauß rosa Pfingstrosen entgegen. Gut, dass Arndt eine Sonnenbrille aufhat, so kann Abigail seinen erstaunten Blick nicht sehen. Freudig geht sie hinein und umarmt ihn mit einem Küsschen rechts und einem Küsschen links. Arndt aus seiner Starre erwacht hilft ihr, immer noch paralysiert von ihrem Anblick, aus ihrem rosa Mantel und hängt ihn an seine schwarze Garderobe. Er hat mit vielem gerechnet, aber mit einer Rosalöfflerin nicht, obwohl er weiß, dass Rosalöffler in Florida leben. „Du lebst aber ganz schön reduziert“, meint sie nur kurz. Arndt bittet sie Platz zu nehmen, schenkt ihr ein Glas Gänseblümchenwein ein und verschwindet mit den Worten „komme gleich“ in der Küche. Abwesend nimmt er eine schwarze Vase, gibt die Pfingstrosen hinein und stellt sie anschließend auf den Tisch neben sein schwarzweißes Arrangement. Er holt die vorbereiteten Austern aus der Küche, ein kleines Kännchen Zitronensaft, den er sich hatte frisch pressen lassen, um nicht von der Farbe Gelb belästigt zu werden, und bringt alles in sein Esszimmer. Komisch, dieses Rosa, aber irgendwie passt es als Farbtupfer gar nicht so schlecht in den Raum, denkt er sich noch als Abigail schon beginnt ihm munter von ihrem Tag mit der Reisegruppe zu erzählen. Sie unterhalten sich, wie die beiden Abende zuvor, köstlich und Arndt vergisst ganz, dass er rosa eigentlich gar nicht mag, denn Abigail mag er sehr.

Aus meinem Buch BEONIMUS RABENBEIN – KLATSCH UND TRATSCH

Priscilla Mirlinda Freudenreich

Ich gebe ja zu, denkt sich Priscilla Mirlinda während sie sich von allen Seiten im Spiegel betrachtet, ich gebe es wirklich zu, dass ich etwas shoppingsüchtig bin. Sie stolziert zu ihrem Kleiderkasten und sucht sich schon das x-te Kleidungsstück aus ihrem Schrank. Keines will ihr heute so richtig gefallen. Ich habe nichts anzuziehen, denkt sie sich, während sie zehn Kleider samt Bügel auf ihr Bett drapiert. Sie holt sich aus dem Schuhschrank zehn paar Schuhe und stellt sie abwechselnd zu den drapierten Kleidern. Und es fällt ihr wie Federn von der Braue, ich habe wirklich keine passenden Schuhe. Eine absolute Katastrophe. Sie hat heute ihr allwöchentliches Treffen mit ihrer Mädchenclique im Eissalon „Die kleine Eisprinzessin“ das direkt in der Einflugschneise, der sogenannten Flaniermeile, im Herzen des kleinen Birkenwäldchens „Südwind“ liegt. Sie muss heute wieder perfekt gekleidet sein, das ist ein absolutes Muss, alte Klamotten sind ein No-Go, wie die Amerikaner so schön zu sagen pflegen. Kurz entschlossen, streift sie ihren geliebten Tupfenzweiteiler, den sie schon jahrelang im Schrank hat und immer wieder gerne bei „Schrankalarm“, was bedeutet „ich habe nichts anzuziehen“, über und macht sich auf in die nächste In-Boutique. Sie weiß von ihrer besten Freundin, Xara Liridona, dass tags zuvor die neueste Kollektion aus Milano eingetroffen ist. Es sind nur zehn Flugminuten von ihrem Zuhause entfernt, denn Prissy, so wird sie von ihren Freundinnen genannt, wohnt in einem kleinen aber schicken Appartement am Waldesrand mit Blick auf den Fluss. Im Schaufenster hängt ein Schild „Auslage in Arbeit“. Neugierig betritt Prissy die Boutique. Die Verkäuferinnen sind, in Schachteln wühlend, mit dem Auspacken der Kollektion beschäftigt. Eine der Verkäuferinnen hat sie hereinkommen gesehen und eilt ihr entgegen. „Oh, das gnädige Fräulein kommt auch direkt aus Milano?“, meint sie freudestrahlend. „Schön der neue Trend, nicht wahr? Wir haben auch noch andere Farben im Programm, ein kleines Minütchen, ich bin gleich bei Ihnen“, meint sie, verschwindet im Lager und lässt Prissy erstaunt zurück. Kurz darauf erscheint sie mit einem rosa-, gelb- und grüngetupften Zweiteiler im selben Stil wie Prissys`. Zum ersten Mal ist sie am absolut aller, aller neuesten Stand der Frühlingsmode und so fliegt sie gleich, ohne sich umzuziehen, zum Treffen mit ihrer Clique. Als sie den Eissalon „Die kleine Eisprinzessin“ betritt staunt sie nicht schlecht, als alle Freundinnen im neuen Tupfenschick gekleidet sind, jeder in einer anderen Farbe. Haben jetzt alle ihre alten Klamotten an oder sich neue gekauft, denkt sich Prissy, doch leider wird sie das nie erfahren, denn sonst müsste sie zugeben, dass sie sich keine neuen Klamotten gekauft hatte. Es wurde wie immer noch ein ausgesprochen schöner Nachmittag, denn sie waren wieder einmal Stadtgespräch und die Stadtzeitung schrieb unter dem Titel „Bunt getupft ist schon die halbe Miete“ einen stylishen Artikel über die Clique und das ist natürlich die Hauptsache.

Kurzgeschichte aus meinem Buch „BEONIMUS RABENBEIN“ Klatsch und Tratsch

Malgorzata Kranichovskaja

An der Ostseeküste, dort wo der Fluss Oder in das Stettiner Haff mündet, lebt Malgorzata. Ein herrlicher Ort für Wasservögel, denn es gibt Süß- und Salzwasser, wenn man Wasser mag. Malgorzata mag es nicht, naja, mit den Füßen bis maximal zu den Knöcheln, das geht, aber mehr kann sie sich nicht vorstellen. Sie findet das Wasser kalt und vor allen Dingen zu nass. So hatte sie schon lange beschlossen, sich hauptsächlich vegetarisch zu ernähren, denn da muss sie nicht ins Wasser gehen. Manchmal gibt es Froschschenkel, falls ihr einmal ein Frosch aus lauter Übermut vor den Schnabel springt. Sie hat nicht viele Freunde bei den Langstelzern, da sie auch nicht schwimmen kann. Malgorzatas Freunde sind Schwalben und Stare, denn denen ist ihre Eigenheit gar nicht peinlich. Das Leben mit ihren Freunden an der Ostseeküste macht Malgorzata grundsätzlich Spaß, wenn da nicht immer der kalte Wind wäre. Wahrscheinlich liegt ihre Kälteempfindlichkeit daran, dass ihr Vater ein Storch war, und sie deshalb etwas anders ist, als die anderen Kraniche. Nach langer, langer Planung beschließt Malgorzata eines schönen Herbstages, noch bevor es zu kalt werden würde, in eine wärmere Region zu ziehen. Schon lange liebäugelt sie mit Florida, denn dort soll es das ganze Jahr über warm sein, das haben ihr so einige Zugvögel im Vorbeiflug zu gezwitschert. Über ein Jahr lang hat sie schon ihre Reise vorbereitet, heimlich, denn sie wollte nicht, dass ihr das Vorhaben von ihren Freunden wieder ausgeredet wird. Sie hat sich das Buch Zwitschern in Florida leicht gemacht besorgt, die Sprache gelernt und sich über die Reiseroute genauestens informiert. So packt sie ihre sieben Sachen in einen Rucksack und macht sich eines Morgens ganz früh auf den Weg. Malgorzata kann zwar nicht schwimmen, aber sehr gut und ausdauernd fliegen. Sie hat sich bei den Zugvögeln genau erkundigt, wo sie Rast machen und ihre Vorräte auffüllen kann. Nun ist es endlich soweit. Sie kritzelt mit ihrem Schnabel eine Nachricht an ihre Schilftür, denn sie will nicht, dass sich ihre Freunde Sorgen um sie machen und startet ihre lange Reise. Es sind fast achttausendundvierhundert Kilometer bis Miami Beach, denn das ist ihr genaues Ziel. Von Polen bis an die französische Küste ist es leicht, denn es gibt viele Rastplätze. Schwierig wird es erst dann, wenn sie von der Westküste Frankreichs über das große Meer fliegen muss. Dort kann sie erst wieder auf den Azoren haltmachen, einer Inselgruppe, die im ersten Drittel der Wegstrecke über den großen Ozean liegt. Ihr Plan ist, ein Monat in einer kleinen Stadt an der französischen Westküste zu verbringen, um Kraft zu tanken. So fliegt sie also in die westfranzösische Stadt. Dort haben sich viele Zugvögel versammelt, die sich ebenfalls nochmals ausrasten und ihre Vorräte auffüllen. Sie bieten Malgorzata an mit ihnen in der Schar mitzufliegen, weil es so sicherer für sie wäre, meinen sie. So erreicht Malgorzata in der großen Vogelschar sicher die Azoreninseln. Nach ein paar Tagen Rast und ausgiebigem Essen fliegen sie weiter zu den Bahamas, von dort aus werden es nur noch 90 Meilen bis an die Südspitze Floridas sein. Von hier aus muss nun Malgorzata alleine fliegen, denn die Vogelschar fliegt eine ganz andere Route. Sie ist aufgeregt, denn jetzt ist sie auf sich alleine gestellt. Sie verabschiedet sich flügelschlagend bei den anderen, füllt ihre Vorräte auf und macht sich auf den Weg. Sie hat von den anderen gelernt, wie man die Thermik und den Wind für sich nutzt, um so Energie und Kraft zu sparen. Alleine ist es natürlich viel schwieriger, da man nicht im Windschatten der anderen fliegen kann. Doch Malgorzata hat Glück und der Wind steht gut. So erreicht sie schlussendlich ohne Schwierigkeiten Key West, die südlichste Spitze Floridas. Weiter über die Everglades, wo sie auf keinen Fall Rast machen will, denn sie sieht schon von oben riesige Alligatoren, die sich in der Sonne räkeln, deshalb geht es direkt weiter nach Miami. Bald erreicht sie Miami Beach, ihr erklärtes Ziel. Sonne, Strand und Meer. Sonne und Strand hätten Malgorzata genügt, Meer müsste nicht sein, aber es ist herrlich warm hier. Am Strand tummeln sich die Möwen und versuchen bei jeder Welle die von ihr auf den Strand gespülten Muscheln zu ergattern. Das ist gut, denkt sie Malgorzata, da brauch ich mir nur die Füße nass zu machen, mehr nicht, und ich habe delikates Essen in Hülle und Fülle. Sie sucht sich eine nette leerstehende Behausung am Strand und richtet sich häuslich ein. Die laute moderne Vogelkolonie mit all den luxuriös ausgebauten Vogelnestern, gefällt ihr. Zuerst will sie sich ausruhen, um dann am kommenden Morgen nach außergewöhnlichem Strandgut zu suchen und ihre Behausung etwas aufzupeppen. Die Nacht war leider kurz, denn der Lärm der Nachtschwärmer ist für sie noch gewöhnungsbedürftig. Sie stolziert am nächsten Morgen, etwas müde jedoch hoch motoviert, den Strand entlang und findet so allerhand Nötiges und Unnötiges, das die Menschen am Vortag liegengelassen hatten. Einen Hut, Muscheln, eine Plastikschaufel, Sonnencreme, rosa Kinderbadeschlappen, ein Eimerchen, 2 kleine Sandförmchen, ein glitzerndes Fußkettchen mit einem rosafarbenen Stein, das bestens zum Hut mit dem rosa Blümchen passt und einen Schwimmreifen in Entenform. Sie nimmt auch den Schwimmreifen mit, denn wer weiß, vielleicht braucht sie ihn noch für irgendetwas, denkt Malgorzata. Sie bringt alles nach Hause und baut und mauert mit Eimerchen, Schaufel und Förmchen bis sie fertig ist. Schön ist es geworden mein Zuhause und ganz schön heiß ist mir geworden, denkt Malgorzata und schaut schwitzend auf ihr neues Zuhause. An der Ostseeküste war es nie so heiß, ganz im Gegenteil, sie ist diese tropische Hitze ganz und gar nicht gewohnt und zum ersten Mal beneidet sie die anderen, die sich wellenschaukelnd im Wasser tummeln. Ihr Blick fällt auf den Schwimmreifen mit Entenkopf. Sieht sicher lächerlich aus, ein Vogel braucht einen Vogel zum Schwimmen, was werden sich die anderen denken, überlegt sie. Kurz entschlossen nimmt sie den Schwimmreifen, setzt sich ihren Hut mit dem rosa Blümchen gegen die Sonneneinstrahlung auf und stolziert mutig in Richtung Strand. Eine kleine Abkühlung tut mir sicher gut und während sie in Richtung Wasser schlendert, denkt sie sich, dass sie bei so vielen bunten Vögeln mit Sicherheit nicht auffallen wird, legt den Schwimmreifen auf die Wasseroberfläche und setzt sich darauf.